Mehr als eine Formel

Letzten Sonntag war ich wieder einmal eingeladen, in einem Talk weiterzugeben, was ich als Theologe bei der Positiven Psychologie für die Lebenszufriedenheit gelernt habe.

Mit im Gepäck hatte ich natürlich auch mein Buch «Glück finden – hier und jetzt». Und damit auch die Glücksformel. Nein, ich würde nicht das Buch als Glücksformel bezeichnen, aber im Buch schreibe ich über die Formel für mehr Lebenszufriedenheit, die ich bei Martin Seligman, dem Vordenker der Positiven Psychologie, entdeckte.

Weil die Glücksformel auf spielerische Art die Erkenntnisse der Glücksforschung auf den Punkt bringt, brauche ich sie regelmässig in Workshops, Referaten oder eben Talks, um mit den Teilnehmenden in die Entdeckungsreise zu einem zufriedeneren Leben zu starten. Die Erkenntnis, dass beispielsweise die Lebensumstände einen viel geringeren Anteil an unserem Glücksempfinden haben als allgemein angenommen, wird dankbar als Inspiration angenommen.

Doch beim Talk letzten Sonntag schien ein Zuhörer derart von der Formel irritiert gewesen zu sein, dass er im Frageteil wissen wollte, ob ich das ernst meine oder ob ich damit nur Irritation auslösen wollte. Ich fand nicht heraus, ob er inhaltlich nicht mit der Glücksforschung einverstanden war oder ob sich in seinem Innern etwas sträubte, das Leben in eine Formel zu packen.

Natürlich sind das Glück und das Leben sowieso viel mehr als eine Formel! Trotzdem helfen mir solche Veranschaulichungen, wertvolle Impulse oder Lebensprinzipien zu verinnerlichen. Immer mit dem Wissen, dass es in Wahrheit noch eine Spur komplexer ist und sich das Leben nie auf eine mathematische Gleichung reduzieren lässt – das wäre ja zu einfach …

Haschen nach Wind

Und trotzdem will ich euch hier auch eine Formel präsentieren. Kommenden Sonntag schliessen wir im gms studen eine inspirierende Matinée-Serie ab. Dabei haben wir uns über mehrere Monate mit dem Bibelbuch Kohelet (Prediger) beschäftigt. Der Prediger hat beobachtet, dass unser menschliches Treiben – von der Arbeit über die Karriere und unseren Wohlstandsbemühungen bis zu intensivstem Vergnügen – alles vergänglich und paradox ist, eben wie «Haschen nach Wind».

Während der Zeit dieser Serie habe ich Christoph Wirz kennen gelernt. Der pensionierte Notar ist ein leidenschaftlicher Autor und ist in einem spannenden Projekt in den Dialog mit dem Prediger getreten. Im daraus resultierten Buch «Windhauch» schreibt Christoph diesen denkwürdigen Satz:

Noch besser als Wissen und Können sind die beiden, gepaart mit Erfahrung und Gelassenheit; das wäre dann Weisheit.

Daneben habe ich mir eine Randnotiz gemacht; eben, eine neue Formel:

(Wissen + Können) + (Erfahrung + Gelassenheit) = Weisheit

Was wir uns mit unserem Verstand aneignen und die Fähigkeiten, die wir entwickeln, können zu unserer grossen Stärke werden. Nämlich dann, wenn wir dieses Wissen und Können mit Freude und Leidenschaft einbringen. Das ist eine wunderbare Sache und kann immer mal wieder zu schönen Flow-Erlebnissen führen.

Wissen und Können alleine bergen die Gefahr in sich, dass wir überheblich werden. Darum braucht es für ein Leben aus Weisheit noch etwas mehr: Erfahrungen, die schwierigen und die tollen. Sie helfen uns, uns in einer komplexen Welt mit unberechenbaren Menschen (inklusive uns selbst) etwas besser zu orientieren. Und die Gelassenheit im Sinn einer gesunden Demut erinnert uns daran, dass nicht alles an uns, unserem Einsatz sowie unserem Wissen und Können hängt. Wir mögen noch so vieles können – wir haben das Leben nie unter Kontrolle.

In gewissen Kreisen sagt man dazu: «So Gott will und wir leben». Dieser Ausspruch geht auf eine Bibelstelle (Jakobus 4,15) zurück und ist aus meiner Sicht eine schöne Erinnerung daran, dass wir bei allem Können und Wissen, und egal wie gross unser Erfahrungsrucksack ist, diese Gelassenheit brauchen: Es liegt nicht alles in unseren Händen.

Diese Lebensweisheit wünsch ich uns!

Glücksaufgabe

Auch wenn es nur eine Spielerei ist: Wie würde deine persönliche Glücksformel lauten?

Übrigens: Meine Predigten zur Serie Haschen nach Wind kannst du in unserem Podcast nachhören und selbstverständlich bist du herzlich dazu eingeladen, am Sonntag mit uns den Abschluss der Serie im gms studen zu feiern.

Sich selbst wahrnehmen

Was ich dir jetzt rate, ist wichtiger als alles andere: 
Achte auf deine Gedanken und Gefühle,
denn sie beeinflussen dein ganzes Leben! 
König Salomo (in Sprüche 4,23)

In letzter Zeit war ich wieder öfters mit meinem Referat Leben in Balance unterwegs. An verschiedenen Orten durfte ich Menschen dazu ermutigen, das eigene Leben ehrlich zu reflektieren. Dabei geht es bei dieser Thematik immer wieder um die Frage: Lebe ich oder werde ich gelebt? Sprich: Bin ich im Hamsterrad gefangen oder gestalte ich mein Leben – auch mein Berufsleben – selbstbestimmt und zielorientiert?

Ich mache den Zuhörern jeweils Mut, die alltägliche Betriebsamkeit zu stoppen, für einen Moment aus dem Hamsterrad auszusteigen und wahrzunehmen, was das Leben sonst noch alles bereit hält, wenn man sich nicht gerade von einem Termin zur nächsten Aufgabe hetzen lässt.

Es gilt, das Leben mit all seinen Facetten zu gestalten und die fünf unterschiedlichen Lebensbereiche (Arbeit, Liebe, Gesellschaft, Selbst, Spiritualität) bewusst im Alltag zu integrieren. Immer wieder stellen wir dabei fest, dass hier gerade der Bereich vom guten Umgang mit sich Selbst für viele eine Herausforderung darstellt. Der Alltag ist so ausgefüllt mit Familienmanagement, Anforderungen im Job und vielleicht noch mit einem Ehrenamt – wie soll da noch Zeit für einen bewussten Umgang mit sich selbst bleiben?

Achtsamer Umgang mit sich selbst

Doch ist nicht genau das die Aufforderung von König Salomo: „Vor allem anderen, achte auf deine Gedanken und Gefühle, denn diese bestimmen dein Leben.“ Tja, haben wir das nicht oft umgekehrt: „Tu alles, was dir andere auftragen. Und wenn dann noch Zeit und Energie übrigbleibt, dann schaue zu dir selbst.“

Während meinem Leben in Balance-Referat zeige ich eine Folie mit verschiedenen Fragen zu sich selbst. Fragen, die uns helfen sollen, uns und unser Innenleben überhaupt einmal wahrzunehmen. Fragen eben, die uns darin unterstützen wollen, achtsam mit unseren Gedanken und Gefühlen umzugehen.

Manchmal sag ich an diesem Punkt im Referat: „Die Zeit reicht jetzt kaum, alle Fragen abzuschreiben. Aber wer will, dem schicke ich die Fragen nächste Woche zu.“ Und tatsächlich: Dieses Angebot wird rege genutzt. Kürzlich bekam ich sogar mehrere Wochen nach dem Referat eine Mail mit der Bitte, die Fragen doch noch zu schicken…

Darum hier für alle, die sich selbst wahrnehmen wollen, der erwähnte Fragekatalog. Noch eine kleine Warnung vorab: Es sind keine spektakulären Fragen, aber wenn wir sie ernsthaft beantworten, machen wir genau das, was uns König Salomo in seinem Weisheitsspruch so sehr ans Herz legt:

  • Was gibt mir Energie?

 

  • Welche Stärken + Möglichkeiten habe ich?

 

  • Wo mache ich den Unterschied?

 

  • Wo liegen meine Grenzen?

 

  • Wo betrügen mich meine Gefühle?

 

  • Wo stehe ich unter falschem Einfluss?

 

  • Wo bin ich leidenschaftlich?

 

  • Was ist mir besonders wichtig?

 

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE ZUM THEMA

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSelbst“.