Schönwetter Leben

Eine solche Skiwoche habe ich noch nie erlebt: Der Wetterbericht und die Sturmwarnungen machten schon im Voraus klar, dass „Schönwetter Skifahrer“ auf wenig Schneestunden kommen würden.

Das schönste Wetter wäre wohl für An- & Abreisetag zu erwarten, ergab unsere kurze Analyse. Und so gab es dann vorletzten Samstag um 5 Uhr Tagwache und um 5.30 Uhr gings mit vollgepackter Familienkutsche los Richtung Lieblingsskigebiet im Montafon.

Nach zwei ganz ordentlichen Skitagen war es Zeit für den Besuch von Sabine – am Montag stand alles still, am zweiten Sturmtag drängten wir uns gefühlt mit dem ganzen Montafon an die zwei geöffneten Skilifte.

Über mangelnde Abwechslung konnte sich keiner beklagen: Jeder Tag anderes Wetter, andere Schneeverhältnisse, Talabfahrt abwechselnd mit oder ohne Wanderintermezzo …

Was sich ziemlich konstant hielt: Die erste Abfahrt am frühen Morgen war die schönste! Ob frisch verschneite Hänge oder perfekt präparierte Pisten – wir waren uns einig: Der Lohn ist gross für den, der bereits um 8.15 Uhr an der Bahn steht.

Wie zu erwarten war: Das schönste Wetter kam zum Schluss. So verbrachten wir auch den Abreisetag auf der Piste und tankten (doch) noch einige Sonnenstunden.

Mehr als Sonnenschein

Ich liebe es, bei besten Bedingungen – sprich: Sonne, gute Sicht, toller Schnee, perfekt präparierte Pisten – mit langezogenen Schwünge  die Hänge herunterzubrettern.

Trotzdem wurde mir an diesem wunderschönen Samstag bewusst: Wären alle sieben Skitage so gewesen, hätte selbst dieses „Perfekte“ etwas Ermüdendes gehabt. Immer nur Sonne – auch das wird irgendeinmal langweilig.

Das Abenteuer war jedenfalls in dieser Skiwoche um einiges höher als im Schönwetter-Urlaub: Wie weit können wir heute die (offiziell gesperrte) Talabfahrt auf den Skis bewältigen? Welche Lifte sind heute geöffnet? Wo ist eigentlich Piste – und wo Nebel? …

Wunderbar waren die Abfahrten im Pulverschnee: Harte Piste mit paar wenigen Zentimeter Neuschnee – ein Gefühl vom Fliegen kam auf.

Natürlich liebe ich auch im Leben, wenn die Sonne scheint! Alle sind happy, die Projekte gehen alle gut von der Hand, die eigenen Kinder machen gerade mehr Freude als Ärger und in der Partnerschaft fliegen die Schmetterlinge.

Auf der anderen Seite ist es so mühsam, wenn man im Nebel herumirrt und nicht weiss, wo einem das Leben als nächstes hinträgt: Beziehungsknatsch, Kündigung, gesundheitliche Einschränkungen, Selbstzweifel, übergrosse Herausforderungen und erdrückende Verantwortung …

Ich ertappe mich hin und wieder beim Gedanken, dass ich mir mehr Zeit zum Geniessen wünsche – mehr Zeit an der Sonne, mehr Gelassenheit, mehr unbekümmerte Momente mit guten Menschen und weniger „unter Strom stehen“, weil schon wieder das nächste Projekt, die nächste Hürde oder auch einfach die nächste auszufüllende Steuererklärung warten.

Möglicherweise geht es vielen von uns ähnlich – und es ist wichtig und gut, wenn wir diese Stimme in uns ernst nehmen.

Und doch: Ich will kein Schönwetter-Leben! Ich wünsche mir ganz viele Schönwetter-Momente in meinem Leben, aber das Leben finden nicht nur an der Sonnseite statt.

Und das ist gut so!

Wer meint, das Leben bestünde nur aus Schönwetter, wird die Sonne eines Tages nicht mehr geniessen können.

Je dichter der Nebel, umso schöner die strahlende Sonne danach.

Nein, ich suche nicht das Leid im Leben und ich wünsche es auch keinem. Tatsache ist aber, dass leidvolle Momente, Stürme, Herausforderungen, Brüche zum Leben dazugehören.

Ich wünsche uns, dass wir an diesen Stürmen nicht zerbrechen, sondern dass sie uns stärken und reifen lassen.

Damit wir dann die Sonne in vollen Zügen wieder geniessen können!

Glücksaufgabe

Welcher Sturm in deinem Leben hat dich zu einer reiferen Persönlichkeit gemacht?

Wie kannst du selbst für eine gesunde Ausgewogenheit zwischen Sturm (Herausforderungen) und Sonnenschein (Genussmomente) in deinem Leben sorgen?

Grenzerfahrung in den Familienferien

Wohl denen, die ihren Kindern den Sinn dafür bewahren,
dass kleine Dinge sie freuen.

Jeremias Gotthelf

Da hatte ich wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen: Neben den gemütlichen Wanderungen in den Bergen unseres geliebten Montafons wollte ich vorige Woche in unseren Familienferien auch eine Wanderung unternehmen, die uns vier so richtig fordert.

Bekanntlich ist der Grat zwischen gesunder Forderung und ungesunder Überforderung ein schmaler. So begaben wir uns auf diesen schmalen Grat: Angefangen bei der Bergstation unserer Lieblingsskipiste. Nach einem kurzen Marsch war schon die Wormserhütte in Sicht. Da dies die letzte Berghütte für den Rest des Tages sein würde, genossen wir hier bei (noch) guter Laune Käsespätzle und Wiener Schnitzel.

Die Gratwanderung führte uns weiter zum Kreuzjoch – guten Mutes krackselten wir zum Gipfelkreuz, freuten uns über die Aussicht, schossen einige Bilder. Soweit alles gut, bis hier her war es kein Spaziergang, aber wir kannten den Weg schon und waren körperlich und psychisch ja noch fit …

Aber jetzt begann das Abenteuer – von hier würde es kein Zurück mehr geben: Unser Ziel war das Dorf St. Gallenkirch. Doch welchen Weg wählen wir? Weiter krackseln auf dem Höhenweg und so unsere Gratwanderung bis zur Zamangspitze weiterführen? Oder doch eher auf den breiteren Weg über die grünen Matten „umsteigen“?

Es sollte ein Tag der Herausforderungen sein. Darum wählten wir natürlich die Gratwanderung. Was nun aber nicht allen Familienmitgliedern im selben Mass zu gefallen wusste. So machte sich erste mentale Müdigkeit breit: Während das eine Kind die anspruchsvolle Höhenwanderung genoss, fand dies das andere Kind alles andere als lustig und versuchte es – ziemlich erfolglos – mit einem Sitzstreik.

Als wir die Zamangspitze links neben uns liessen und der Weg nicht mehr ganz so anspruchsvoll war, wurde aus dem Sitzstreik ein Wettrennen und dasselbe Kind zog davon. Somit war die Reihe am nächsten Kind: Wir wurden mit viel Missfallen in der Stimme darauf aufmerksam gemacht, dass unser Wandertempo nicht den Vorgaben der Wanderwege entspräche und wir deutlich im Verzug seien.

Von nun an gings steil abwärts: Es waren noch rund 1’000 Höhenmeter ins Tal zu bezwingen und natürlich begann sich jetzt auch die körperliche Müdigkeit breit zu machen, dementsprechend gings mit der Laune schneller abwärts als mit den Höhemetern …

Wahlweise wurde nun darum gerungen, welcher Weg (schmal und steil oder breit und dafür länger) unseren noch vorhandenen Möglichkeiten am besten entspräche, ob es wohl ein Taxi bis hierher schaffen würde und ob eine Pause das ganze Abenteuer nur unnötig in die Länge ziehen würde oder ob ein kurzer Rast nicht doch helfen könnte, die letzten Kräfte zu mobilisieren.

Nun versuchte sich auch Kind B erfolglos mit einem Sitzstreik, begleitet von lauten Tönen des Missfallens – dies ausgerechnet in einem Weiler namens „Tanafreida“. Die Eltern, körperlich auch ziemlich angeschlagen und mental nicht mehr ganz so frisch, schafften es dann doch, alle Beteiligten von einem kurzen Rast zu überzeugen.

Gestärkt ging es auf die letzte Etappe. Und da war der Abstieg nochmals so steil, dass wir zu viert rückwärts Richtung Tal trotteten. Auf miese Laune mochte nun keiner mehr machen und so waren wir belustigt, glücklich, erleichtert und sehr, sehr müde im Dorf angekommen.

Und genau das war Balsam für die Vaterseele: Dass die grenzwertige Herausforderung manche Auf und Ab’s mit sich bringen würde, war klar. Doch das Ziel, am Ende fröhlich und stolz zurückblicken zu können, war erreicht!

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Plötzlich lag ich alleine im Schnee…

Der Mensch für sich allein vermag gar wenig und ist ein verlassener Robinson; nur in der Gemeinschaft mit den anderen ist und vermag er viel.
Arthur Schopenhauer

Besonders treuen LeserInnen meines Life-Balance-Blogs mag aufgefallen sein, dass meine wöchentlichen Artikel zuletzt eine Pause einlegten. Und das kam so:

Es hätte eine dreitägige Auszeit für mich alleine werden sollen. Bereits kurz nach vier Uhr in der Früh fuhr ich los Richtung Montafon in Österreich, um pünktlich um 7.30 Uhr die erste Gondel in mein Lieblingsskigebiet zu erwischen. Das hat auch alles geklappt und so genoss ich einige frühe Abfahrten auf den praktisch leeren Pisten.

Der Plan war auch, während dieser Kurzauszeit zwischendurch auch an meinem Buchprojekt zum Thema Glück zu arbeiten. So sass ich dann schon bald einmal im Bergrestaurant, schrieb über Dankbarkeit während draussen Nebel und Schneefall zunahmen.

Soweit alles, wie ich es mir vorstellte. Auch der Abend in der kleinen Wellnessoase des Hotels hab ich genossen und anschliessend noch einige weitere „Glückszeilen“ verfasst. Anderntags kitzelten mich schon vor dem Frühstück die ersten Sonnenstrahlen und so war ich bald wieder Richtung Berg unterwegs.

Ein verhängnisvoller Sturz

Ich freute mich auf Sonne und Neuschnee – und meine Lieblingspiste am Sennigrat. Doch dazu kam es leider nicht. Bereits bei den ersten langgezogenen Schwüngen auf der frisch verschneiten Piste verlor ich die Balance, überschlug mich (wohl mehrmals) und blieb dann wimmernd im Schnee liegen. Rund 20 Meter hinter mir lag ein Ski, neben mir ein Apfel, den es aus dem Rucksack schleuderte und irgendwo blieb auch meine Brille auf der Strecke.

Da lag ich nun alleine im Schnee, ein verlassener Robinson, der eigentlich drei Tage für sich alleine geniessen wollte, sich jetzt aber nicht mehr so sicher war, ob das Alleinsein im Moment eine so gute Idee war.

Die Minuten vergingen, gekrümmt vor Schmerzen lag ich im Schnee und wimmerte immer noch vor mich hin. Was jetzt? Ski holen? – Das schaff ich nicht. Einfach mal abwarten und weiter wimmern.

Lange fünf bis zehn Minuten fuhr kein einziger anderer Skifahrer auf der Piste neben mir durch. Niemand, der mir hätte helfen können. Dann endlich kamen drei Männer vorbei. Sie hätten meinen Sturz, resp. die grosse Staubwolke, von der Gondel aus beobachtet und sahen, dass niemand zum Helfen da war.

Zwei holten Hilfe, einer blieb bei mir. Vorbildlich. Das war der Anfang einer langen Reihe von Menschen, die mich nach meinem Unfall unterstützten: Die hilfsbereite Pistenrettung, die sehr sorgfältig arbeitende Notfallaufnahme in Bludenz (sonst hätte man den Bluterguss auf meiner Niere womöglich gar nicht entdeckt), das junge, dynamische und gute Laune verbreitende Pflegepersonal in Feldkirch, die Rettungssanitäter, die mich per Ambulanz in die Schweiz zurückholten…

In dieser aussergewöhnlichen Woche habe ich zwei Dinge beobachtet:

  • Nach einem solchen Unfall bist du total abhängig von anderen. Eine Grenzerfahrung für Leute, die sich sonst gewohnt sind, alles selbst zu managen. Plötzlich musst du machen, was dir die anderen sagen, kannst nicht einfach nach Hause – sondern mit absoluter Bettruhe die Tage abwarten, bis die Entwarnung der Ärzte kommt, musst dir dienen lassen, die Privatsphäre aufgeben und in die doofe Flasche pinkeln, egal wie viele andere Leute noch im Spitalzimmer sind…
  • „Ich liebe Menschen!“ – Dass ich Menschen und ihre Geschichten mag, war mir schon vorher klar. Doch es war enorm spannend, mit wie vielen Leuten ich in kürzester Zeit in spannende Gespräche kam. Da sprach ich mit dem Rettungssanitäter in der Ambulanz über seine Berufs- und Familienpläne, durfte die interessanten Lebensgeschichten meiner Zimmergenossen entdecken und erfuhr Privates von meinem Arzt.

Geplant war das alles ganz anders. Trotzdem bin ich dankbar für diese Erfahrung mit der Erkenntnis: Ja, ich brauche andere Menschen – und zwar nicht nur im Notfall.

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Gesellschaft“.