Darf ein Pfarrer eine Mission haben?

Mein Engagement als Armeeseelsorger war unserer Lokalzeitung eine ganze Seite wert. Natürlich hatte ich mich über die Kontaktaufnahme und das Interesse des Redaktors gefreut und nach der einen oder anderen organisatorischen Panne – leider wurde mir nicht mitgeteilt, dass auch eine Fotografin kommt und ich entsprechend im grünen Tenü erscheinen sollte – hatten wir ein sehr angeregtes und offenes Gespräch.

Da ich den Artikel wie abgemacht gegenlesen konnte und die digitale Version schon am Vorabend online war, erwartete ich keine Überraschung mehr. Doch als ich dann am Frühstückstisch das Bieler Tagblatt bei der entsprechenden Seite aufschlug, machte ich grosse Augen: Über den wohlwollenden Artikel wurde über Nacht noch ein reisserischer Titel gesetzt. Das hat mich sehr geärgert!

Dem zugegeben eher langweiligen Aufhänger «Warum ein Seeländer erst jetzt Armeeseelsorger werden durfte» (so steht es in der Digitalversion noch heute) hatte der Redaktor (oder wohl eher der diensthabende Blattmacher) eine grosse Portion Pfeffer dazu gestreut und so las ich dann zu meiner grossen Überraschung: «Darf er jetzt auch in der Kaserne missionieren?».

War das wirklich nötig?

Meine Freude über den Artikel war auf einen Schlag ziemlich getrübt. Interessanterweise hab ich zwar von verschiedenen Leuten gehört, die nicht wie ich über diesen reisserischen Titel gestolpert sind. Aber ich bin überzeugt, dass es die anderen auch gibt, die möglicherweise nur den Titel überflogen haben, sich in ihren Vorurteilen bestätigt fühlten und dem Artikel, resp. dem darin porträtierten Menschen, gar keine Chance gaben.

Warum habe ich mich so geärgert? Weil hier zu Gunsten von etwas mehr Aufmerksamkeit (Clickbaiting) ein Gliche bedient wurde, um das es dann im Artikel höchstens ganz am Rand geht. Und das Wörtchen «auch» im Titel impliziert, dass ich in meinen anderen Tätigkeiten (Pfarrer im gms und Gemeinderat von Studen) am Missionieren bin.

Jedenfalls sprach auch mein Kommunikationsberater von einem «üblen Titel» und ich fühlte mich unfair behandelt, nachdem ich mir viel Zeit für den Redaktor nahm und so bleibt es leider eine durchzogene Medienerfahrung (neben vielen guten Erfahrungen).

Warum sollte ich eigentlich nicht missionieren?

Beim Relaxen in den Sommerferien habe ich mir dann nochmals Gedanken zu diesem Titel gemacht und hab mich dann plötzlich gefragt: Warum soll jede Firma eine Mission haben, aber ich als Pfarrer darf nicht missionieren?

Natürlich ist der Begriff Missionieren gesellschaftlich negativ aufgeladen – darum hatte ich ja auch ein Problem mit der Titelsetzung.

Aber hey, heisst Missionieren im Grunde nicht einfach, das jemand seine/ihre Mission lebt?

Jede Organisation, die vorwärts kommen will, macht sich früher oder später Gedanken zum Missionstatement und jede Chefetage ist happy, wenn diese Mission von ihren Mitarbeitenden auch gelebt wird.

Aber wehe, wenn ein Pfarrer auf die Idee kommt, eine Mission zu haben …

Im Artikel steht, dass in der Armeeseelsorge Missionieren ein No-Go sei. Selbstverständlich ist mir das bewusst und habe ich ja dazu gesagt.

Aber weisst du was? Ich entscheide hier und heute, dass ich mich nicht an dieses Verbot halten werde: Egal, wo ich mich engagiere, ich will meine Mission leben.

Für mich ist es seit jeher klar, dass ich niemandem etwas überstülpe, niemanden bekehren will (noch so ein Reizwort) und kein Interesse daran habe, Menschen zu etwas zu drängen.

Wer so etwas unter Missionieren versteht – das tu ich nicht, weder in der Armee noch im Gemeinderat und auch nicht als Pfarrer.

Doch meine Mission, wie ich sie im letzten Blogartikel vor der Sommerpause durchblicken liess, die will ich überall leben und zu der stehe ich auch: Ich will Liebe schenken, Hoffnung verbreiten, Glaube leben.

Oder – wie der Redaktor und ich noch als möglichen Titel diskutierten – ich will «Anwalt der Hoffnung» sein. Wenn das Missionieren ist, dann will ich es gerne auch in der Kaserne tun.

Und was ist deine Mission?

Glücksaufgabe

«Eigentlich sollte man …», sagte das Paar, mit dem wir uns diese Woche trafen.

Ob als Paar oder als Einzelperson, «eigentlich sollte man …» tatsächlich.

Man sollte sich beispielsweise jährlich Zeit nehmen, um sich Gedanken darüber zu machen, welche Ziele, welche Mission, man persönlich oder als Paar erreichen möchte:
– Was ist mir wichtig?
– Wofür will ich meine Energie und Lebenszeit investieren?
– Auf was will ich später einmal zurückblicken können?

Die genau gleichen Fragen könnt ihr euch auch als Paar in der Wir-Form stellen. Die Gedanken aus dem letzten Blogartikel (Das Leben feiern) können dabei eine Hilfe sein.

Also, lasst uns fröhlich missionieren in dem Sinn, dass wir eine Mission im Leben haben, die wir mit Leidenschaft verfolgen und die unserem Sein Sinnhaftigkeit verleiht.

Denn: Eine Mission zu haben, macht glücklich!

Das packe ich!

Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden,
es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.

Johann Wolfgang von Goethe

„Das ist einfacher gesagt als getan!“ – dies die Reaktion einer Freundin, als ich diese Woche das obige Zitat „getwittert“ hatte. Sie hat natürlich recht. Ich will auch gar nicht behaupten, das Leben aktiv und selbstbestimmt zu gestalten, sei einfach. Doch es ist definitiv eine lohnenswerte Sache!

Natürlich ist es einfacher, in die Opferrolle zu schlüpfen und voller Selbstmitleid der Lüge zu verfallen, Veränderung sei nicht möglich. Und natürlich ist es auch einfacher, im Hamsterrad gefangen zu bleiben und Tag für Tag die Tretmühle zu betätigen. Sich treiben lassen – vom Chef, von der vielen Arbeit, von den Ansprüchen der Familie, von den Einflüsterungen der Gesellschaft – ja, das ist einfacher, als sein Leben aktiv zu gestalten und ein Vorhaben konkret anzupacken. Doch wer sich nicht im Kreis drehen will – oder im Burnout landen will – macht sich besser die Mühe, den schwierigeren Weg zu wählen.

Auf meiner Studienreise nach Sheffield (siehe Blogartikel von letzter Woche), lernte ich eine simple Strategie kennen, wie wir das obige Zitat in die Tat umsetzen können. In der faszinierenden Kirche St. Thomas Crookes hat uns der Teamleiter Mick Woodhead damit herausgefordert, indem er uns aufforderte, mittels folgendem Raster von unseren Visionen und Zielen zu erzählen.

1. What is? – Wie präsentiert sich die Ausgangslage?

Egal, ob in einem Satz die aktuelle Situation beschrieben wird oder ob man sich Zeit für eine ausführliche IST-Analyse nimmt, jede Veränderung beginnt mit der Auslegeordnung der momentanen Situation:

  • Wo stehe ich gegenwärtig?
  • Was ist gut?
  • Was weniger?
  • Wo freue ich mich?
  • Wo „drückt der Schuh“?

2. What could be? – Wie könnte sich die Zukunft präsentieren?

Nach der Bestandsaufnahme folgt der Blick nach vorne. Ob knallharte Facts, Zahlen, die man erreichen will, oder motivierende Träume, die aufleben, hier beschäftigen wir uns mit dem, was sein könnte:

  • Was wünsche ich mir für die Zukunft?
  • Was möchte ich erreichen?
  • Welche konkreten Ziele habe ich?
  • Was wäre wenn?

3. What will be? – Wie präsentieren sich die nächsten Schritte?

Ganz im Sinne des obigen Zitates von Goethe nützt diese einfache Strategie überhaupt nichts, wenn wir bei der Träumerei stehen bleiben. Nach dem Wollen kommt das Tun! Auch hier wieder: Je nach Situation werden einige einen ausgeklügelten 10-Punkte-Plan erarbeiten und andere begnügen sich nach dem Motto „Just do it!“ mit einem ersten Umsetzungsschritt. Wichtig ist, dass den guten Absichten und Ideen auch Taten folgen.

Diese drei Schritte können wir sowohl in der persönlichen Lebensgestaltung als auch bei unseren Firmenprojekten anwenden. Wie eingangs erwähnt, sind das Einleiten von Veränderungen und das aktive Gestalten des eigenen Lebens, keine einfachen Dinge. Doch so simple Strategien wie diese drei Punkte helfen mir, aktiv zu werden. Und ein letzter Tipp: Die Wirkung dieser Übung vervielfacht sich, wenn man die Antworten mit einem Freund teilt!

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE ZUM THEMA

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSelbst“.