Das vergessene Geschenk – oder: Der Deko.-Jesus

Das vergessene Geschenk - Jesus dient nur noch als nette Deko.

Ich soll zu einer Krippe werden,
damit Gott als Kind in mir Mensch wird
und andere ihn in mir finden.
Andreas Malessa

Diese Woche schaute ich mir zusammen mit meiner Frau einer dieser schönen Weihnachtsfilme an. Es war wirklich ein sehr schöner, berührender Film über Menschen eines Hauses. Gemeinsam war dieser unterschiedlichen Menschengruppe – Junge und Alte, Verliebte und Getrennte, Geschäftige und Einsame -, dass jeder der Bewohner auf seine Art statt weihnächtlicher Vorfreude kurz vor dem Fest der Liebe leidvolle Momente durchlebte. Jeder ging seines eigenen, schmerzvollen Weges. Bis zu diesem einen Zwischenfalls, der alles veränderte. Und plötzlich sassen all die unterschiedlichsten Bewohner gemeinsam in einem Wohnzimmer um einen Baum versammelt. Verhärtete Herzen weichten sich auf, das Weihnachtsfest wurde tatsächlich zu einem Fest der Liebe.

Zugegeben, man mag solche emotionalen Storys oder man findet sie einfach nur kitschig und vorhersehbar. Mich hat die Geschichte berührt, weil sie zeigt, was möglich wird, wenn wir auf einander zugehen und miteinander, statt neben- oder gar gegeneinander, unterwegs sind. Eine sehr starke, hoffnungsvolle Botschaft.

Das vergessene Geschenk - Jesus dient nur noch als nette Deko.
Das vergessene Geschenk – Jesus dient nur noch als nette Deko.

Leider hat aber etwas gefehlt: Das Kind in der Krippe. So wertvoll eine humanistische Weihnachtsbotschaft sein mag, wenn wir das Kind in der Krippe zur Weihnachts-Deko. herabstufen, können wir das wahre Geschenk von Weihnachten nicht erfahren!

Gott wird Mensch

Chris von Rohr forderte vor einigen Jahren „Meh Dräck!“ und brannte diesen Ausruf damit ins nationale Kollektivgedächtnis. Doch lange vor von Rohr sagte sich Gott genau dasselbe: „Wenn wir wirklich hoffnungsvoll und nachhaltig die Beziehung zu und unter den Menschen verbessern wollen, müssen wir selbst im Dreck des irdischen Lebens geboren werden.“ Und so kam es zum für uns Menschen nie vollständig erklär- und verstehbaren Weihnachtsgeheimnis: Gott wurde Mensch. Als Kind in der Krippe begann diese Mission, die von den Engeln als erstes den Hirten auf dem Feld verkündet wurde: „Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine Botschaft, die das ganze Volk mit großer Freude erfüllt: Heute ist für euch in der Stadt, in der schon David geboren wurde, der lang ersehnte Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr. Und daran werdet ihr ihn erkennen: Das Kind liegt, in Windeln gewickelt, in einer Futterkrippe!“

Genau das ist das grösste, aber so oft vergessene, Geschenk von Weihnachten: Gottes Liebe ist so gross, dass er sich in Jesus erniedrigt und sich in die dunkelsten Ecken der Menschheit begibt. Angefangen in einem übel riechendem Stall als frohe Botschaft, die zu allererst den am Rand der Gesellschaft Stehenden, den Hirten, verkündet wurde, und von dort aus Kreise ziehend bis zum hintersten Winkel dieser Welt weitergetragen wurde: Es gibt Hoffnung im „Dräck“. Das Leidvolle hat nicht das letzte Wort. Frieden ist uns geschenkt, Versöhnung ist jetzt möglich – Versöhnung mit Gott, Versöhnung unter den Menschen, Versöhnung mit mir selbst – ja, Versöhnung mit dem Leben und all seinen schönen und schwierigen Facetten.

Darum: Degradieren wir bitte dieses Kind in der Krippe nicht zum Deko.-Jesus – an Weihnachten nicht und an allen anderen Tagen in unserem Leben nicht!

Fröhliche Weihnachten!

 

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Spiritualität“.

Der andere Weg

Anders als manche andere Religion steht und fällt
das Christentum mit einer konkreten Person,
die für eine Sache, einen ganzen Lebensweg steht:
Jesus von Nazaret.

Er selbst ist die Verkörperung eines neuen ‚way of life‘. 
Hans Küng (in: Das Christentum)

Diese Woche wird mir wieder einmal ganz deutlich: Dieser Jesus ist speziell, ganz anders, überraschend.

Drei Episoden dazu:

  • An meinem „Stillen Morgen“ streife ich durch den Wald und denke im Zwiegespräch mit Gott über das Leben nach. Man kann dem meditativer Spaziergang oder Gebet in Bewegung sagen.
    Einer unter vielen Gedanken an diesem Tag ist: Ich würde gerne etwas mehr finanzielle Sicherheit haben. Ich meine, es wäre gut zu wissen, ob wir dieses Jahr genügend Aufträge für die Firma und genügend Spenden für unsere gemeinnützige Arbeit haben werden. Nun ist es so, dass wir so viele Aufträge für dieses Jahr haben, wie noch nie. Doch schon kommen Gedanken auf: Wird das auch nächstes Jahr so sein? Mein Punkt: Unser Sicherheitdenken und -verlangen wird nie gesättigt sein. (Und übrigens: Kaum zu glauben, aber tragische Tatsache: Selbst Superreiche haben Existenzängste!)
    Nun kommt dieser Jesus. Er lehrt seine Freunde und Nachfolger zu beten: „Gib uns heute unser tägliches Brot.“ (Jesus im Unser Vater-Gebet)
    Ich fühle mich von Jesus ertappt und herausgefordert: Was sorgst du dich für morgen, übermorgen oder sogar nächstes Jahr?
    Wir Menschen, und wohl im besonderen Mass wir Schweizer, haben ein grosses Sicherheitsbedürfnis und versichern am liebsten unser ganzes Leben. Jesus macht uns Mut zu mehr Gelassenheit. Die Geschichte scheint ihm Recht zu geben: Sind unsere (finanziellen) Sicherheiten tatsächlich sicherer als die Fürsorge Gottes?

 

  • In unserer gms Storytelling-Gruppe machen wir uns Gedanken zur Begebenheit, als Jesus vor seiner Hinrichtung im Garten Gethsemane festgenommen wurde. Judas, der Verräter, kommt mit einer grossen Schar von Soldaten. Sie haben den Auftrag, Jesus abzuführen. Was macht Jesus? Er geht ihnen entgegen und gibt sich sofort zu erkennen. Kein Widerstand. Im Gegenteil, er tadelt sogar den übereifrigen Petrus, der sich zur Wehr setzt. (siehe: Die Bibel, Johannes 18)

 

  • Ich sitze in einer Vorlesung mit dem Titel „Das Geheimnis des Messias“. Zusammen mit Studierenden, die wie ich schon seit Jahren über Gott und die Bibel nachdenken, sprechen wir über diesen Jesus, wer er war und was die unterschiedlichen grossen Theologen über ihn sagen. War er ein besonderer Mensch, der von Gott in spezieller Weise berufen wurde – oder war er tatsächlich die Inkarnation Gottes selbst?
    Dabei wird klar: Je mehr wir wissen, desto weniger wissen wir. Dieser Jesus, er bleibt uns ein Geheimnis.

Bücher

Der christliche Glaube ist mehr als Glaubenssätze, mehr als ein bestimmtes Gedankenkonstrukt. Der „Jesus-Glaube“ entscheidet sich eben an dieser Person Jesus. – Da bin ich mit dem grossen Hans Küng gleicher Meinung.
Ob Küng mit mir geht, wenn ich behaupte, dass an Weihnachten tatsächlich Gott Mensch wurde, weiss ich nicht. Doch für mich steht fest: Dieser Jesus ist nicht nur ein anderer Mensch, lehrt uns nicht nur einen anderen „way of life“ – er ist auch ganz Gott, der uns noch heute begegnen will.

 

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Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSpiritualität“.