Stolzer Papi mit Ritterschlag

Meine Kids machten mich in den letzten Wochen zu einem besonders dankbaren und stolzen Papi.

Kürzlich durften wir nämlich den 20. Geburtstag unserer Tochter feiern. Und an diesem Tag war nicht etwa sie es, die mit Karten und Briefen überhäuft wurde, sondern sie hat 20 Menschen mit einem persönlichen, handgeschriebenen Brief glücklich gemacht.

Sie hat sich bei Menschen bedankt, die in ihrem bisherigen Leben eine wichtige Rolle gespielt haben.

Was für eine schöne Idee! Und wie gut das tut, wenn man als Vater quasi schwarz auf weiss vor sich liegen hat, dass es tatsächlich gelungen ist, das eigene Kind zu fördern. Puh, was für ein Lohn für 20 Jahre Erziehungs- und vor allem Beziehungsarbeit!

Hühnerhautmoment und ein wild hüpfendes Herz.

Mit der Erlaubnis von Joy hier ein kurzer Auszug aus diesem wunderbaren Brief:

«Durch dich hatte ich schon von klein an ein Vorbild, an dem ich abschauen konnte. Merci für dein Vertrauen in mich. Und dass du mich in meinen Fähigkeiten gestärkt hast. Aber dass du mir auch das Gefühl gegeben hast, dass es nicht schlimm ist, wenn ich etwas nicht so gut kann, ist mega wertvoll.»

Ich versuche es so wenig eingebildet wie möglich zu sagen: Auch wenn ich nicht mit akademischen Titeln bluffen kann, keine Mega-Church vorzuweisen habe und mein GlücksBuch (bisher 😊) kein Kassenschlager wurde, diese Zeilen machen mich stolzer als alles andere. Es war mein Ziel, dass mein Vatersein meine Kinder beflügelt, ihnen also starke Flügel wachsen und sie mit einem gestärkten Selbstvertrauen ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen.

Ein solcher Ritterschlag des eigenen Kindes – da können King & Queen einpacken.

Alles andere als easy

Elternsein heisst Leben auf der Gefühlsachterbahn. Das haben wir bei unserer Tochter besonders in der Unterstufe erlebt. Bei unserem Sohn waren wir hingegangen in den letzten Jahren beim Übergang von Schule zu Ausbildungsbetrieb aussergwöhnlich gefordert.

Es ist so abgedroschen und doch so wahr: Elternwerden ist nicht schwer, Elternsein dagegen sehr.

Nach anderthalb Jahren voller Rückschläge war es ein wunderschönes Gefühl für uns als Familie, als unser Sohn kürzlich die theoretische Autoprüfung geschafft hatte. Endlich wieder ein Erfolgserlebnis für ihn! Mit neuer Energie und Motivation – und vor allem zurückeroberter Freiheit und Lebensfreude – gestaltet er sein Leben. Neue Perspektiven eröffnen sich ihm auf seinem beruflichen Weg.

Elternsein ist tatsächlich alles andere als easy. Wir alle machen Fehler – bewegen aber auch ganz viel Gutes! Wir hoffen, leiden mit, unterstützen unsere Kids, fördern sie, manchmal würden wir ihnen gerne die Schmerzen des Lebens abnehmen – und doch müssen sie da selber durch. Hoffentlich getragen von unserer Liebe.

Gerade gibt es vieles zu feiern auf unserer Familien-Gefühlsachterbahn.

Das geniessen wir!
Und macht uns sehr dankbar.

Glücksaufgabe

Die Idee mit den Dankesbriefen hat meine Tochter übrigens mir abgeschaut. Ich hatte dies damals zu meinem 40. Geburtstag gemacht. Tatsächlich war ich also viel häufiger ein Vorbild für sie, als ich es mir bewusst war – auch dies eine ermutigende Erfahrung.

Vielleicht magst du auch mal eine solche Danke-Aktion starten. Denn: Danke sagen macht doppelt glücklich, Empfänger und Absender gleichermassen.

Mit Wurzeln und Flügeln

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.
J. W. von Goethe

Das Konzept von Wurzeln und Flügeln ist mir in den letzten Wochen ein treuer Begleiter geworden. Einerseits betone ich fast bei jeder Gelegenheit (Seminare für Paare, Gespräche) wie wichtig es ist, dass wir als Eltern unseren Kindern beides geben: Wurzeln und Flügel. Anderseits bin ich als Referent Teil der spannenden Kampagne „Mit Wurzeln und Flügeln“ der EMK Zofingen. Woche für Woche darf ich dort Menschen dazu motivieren, in ihrer persönlichen Spiritualität starke Wurzeln und kräftige Flügel zu entwickeln.

Nicht nur unsere Kinder brauchen Wurzeln und Flügel. Wir selbst brauchen auch beides. Und gerade wer ein waches, aktives Glaubensleben pflegen will, ist gut beraten, sowohl auf seine Wurzeln als auch auf seine Flügel zu achten.

Wurzeln sagen uns, wo wir hingehören

Meine Gedanken zu Wurzeln und Flügeln wurden von verschiedenen Seiten inspiriert. Fasziniert haben mich in besonderem Mass die Ausführungen dazu von Richard Rohr in seinem kleinen Büchlein Vom wilden Mann zum weisen Mann. Darin schreibt er:

Die Mutterliebe verwurzelt uns in der Seele,
in uns selbst und im Körper,
die Vaterliebe gestattet uns,
mit all den wunderbaren Wurzeln etwas Gutes anzufangen.
Sie bringt uns das Fliegen bei.

Die Wurzeln betreffen unser Sein. Sie geben uns Geborgenheit und erinnern uns daran, dass es einen Ort gibt, wo ich Annahme und Liebe erfahre, bevor ich überhaupt etwas geleistet habe. Diese Mutterenergie brauchen unsere Kinder, aber auch wir selbst, um Stabilität (Standhaftigkeit) im Leben zu entwickeln.

Genau dies wird uns vom Schöpfergott angeboten: Das kommende Osterfest erinnert uns daran, dass Gott dem Menschen Frieden anbietet. Frieden mit unserem Schöpfer, Frieden mit unseren Mitmenschen, aber auch Frieden mit uns selbst. Da geht es um Schalom, um Ganzsein, um Wurzeln, die uns „festen Boden“, Geborgenheit und Sicherheit geben.

Flügel sagen uns, dass uns etwas zugetraut wird

So wichtig starke Wurzeln sind, nur Wurzeln wären mir zu wenig – für meine Kinder, aber auch ganz besonders für meinen Glauben. Während die Mutterenergie unserem Sein durch Liebe und Geborgenheit Wurzeln wachsen lässt, bringt uns die Vaterenergie zum Fliegen. Flügel stehen also für Bewegung.

Die Vaterenergie traut mir etwas zu, lässt in mir den Glauben wachsen, dass ich zu etwas fähig bin. Auf die Spiritualität bezogen heisst das: Diese Jesusenergie sendet mich aus und bringt mich in Bewegung. Glaube ist nicht einfach etwas Passives, es geht um mehr als Seelenfrieden (Sein; Wurzeln). Der Christusglaube ist etwas höchst Aktives: Mir wird zugetraut, mich der weltweiten Mission anzuschliessen und aus dieser Welt einen Ort zu machen, in dem etwas mehr von diesem Schalom erfahrbar wird (Bewegung; Flügel).

Ich vermute, dass uns die Vaterenergie vielerorts abhanden gekommen ist: Unsere Gesellschaft leidet darunter, dass in vielen Familien die Väter nicht präsent – also nicht nur anwesend, sondern prägend – sind. Und ich wage zu behaupten, dass unsere Kirchen darunter leiden, dass die Balance zwischen Wurzeln und Flügeln oft nicht vorhanden ist: Entweder werden den Gläubigen die Flügel gestutzt und nur noch das Sein betont oder die Wurzeln werden abgehackt und der Glaube ist nur noch Bewegung (Aktivismus).

Wir brauchen beides: Wurzeln und Flügel!

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE ZUM THEMA

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Spiritualität“.