Werde stark!

Einmal im Monat denke ich mit einigen Leuten darüber nach, wie ein FULLDRIVE Leben aussehen könnte.  Damit meinen wir die Sehnsucht, die in uns Menschen steckt: Aus dem Vollen schöpfen zu können.

Es geht weniger um ein Leben auf der Überholspur. Nicht Vollgas meinen wir mit unserem Motto. Sondern: Ich bin voller Energie, weiss, wie ich meinen Tank füllen kann und wie ich ein Leben führen kann, das mich erfüllt.

Viel Gutes (von Fokus bis die richtigen Vorbilder haben) lernten wir bereits auf unserem gemeinsamen Weg. Letzten Sonntag ging es um Ausdauer.

Und noch schlimmer: Disziplin.

Ich weiss nicht, aber irgendwie wird es Disziplin wohl nie zum Lieblingswort des Jahres schaffen. Bei mir jedenfalls weckt schon nur der Begriff Disziplin eher das schlechte Gewissen als die Lebensfreude.

Während der Sonntags-Matinée durfte ich ein Interview mit einem Mentaltrainer führen.

Sein Ansatz ist nicht eiserne Disziplin, sondern das Arbeiten mit den richtigen inneren Bildern. Mit einem Topten 100 km-Läufer arbeitete er beispielsweise daran, sich auch bei Kilometer 65, wenn sich die Beine wie Beton anfühlen, mit dem Bild des Zieleinlaufs selbst zu motivieren.

„Stell dir vor, deine Kinder und Freunde warten kurz vor dem Ziel auf dich und begleiten dich die letzten Meter. Wie fühlt sich das an?“

Mit Ausdauer bis zum Ziel

Das ist intrinsische Motivation. Das Konzept ist längst bekannt: Für selbstgewählte Ziele (von innen) fällt es uns viel leichter, die nötige Ausdauer und Energie aufzubringen als für Ziele, die uns überstülpt werden.

Trotzdem vermute ich, dass die meisten von uns im Berufs- oder Familienalltag einen Mentalcoach gebrauchen könnten, der mit uns die motivierenden inneren Bilder zum Leben erwachen lässt.

Wir brauchen Ausdauer. Wir brauchen Disziplin. Keine Frage.

Doch weder Ausdauer noch Disziplin an sich sind unsere Ziele. Sondern sie sind Mittel auf dem Weg zu unserem Ziel.

Ob in Beruf, Familie, Partnerschaft, Gesellschaft, Sport oder Spiritualität – überall warten motivierende Ziele auf uns.

Doch nicht die Ziele, die uns irgendein Chef, Politiker oder Pfarrer vorgibt, sind die, die uns motivieren. Nein, wirklich motivieren tun uns die Ziele, die wir selbst wählen, deren Erreichen wir mit positiven Bildern und Gefühlen füllen können.

Ich hoffe, dass uns Führungspersönlichkeiten auf unserem Weg inspirieren, aber nur die selbstgewählten Ziele können die letzten Reserven in uns freisetzen.

In meinem Referat an besagter Sonntags-Matinée sprach ich über verlockende Abkürzungen und schmerzliche Umwegen.

Abkürzungen bringen uns vielleicht im Strassenverkehr schneller ans Ziel – wobei dies selbst dort nicht immer sicher ist. In Beruf und Leben sind Abkürzungen oft aber nicht wirklich ein guter Ratgeber.

Tja, und wer von uns sucht Umwege? Nicht wirklich. Und doch gehören sie zum Leben.

Früher oder später müssen wir alle mit Fehlentscheidungen, Zurückweisungen und mit schmerzlichem Leid umgehen. In der Situation selbst fragen wir uns bloss, wie wir da wieder rauskommen: Umzufallen ist nicht das Problem. Das Problem ist, wenn wir liegen bleiben.

Ich möchte jedoch nicht nur wieder aufstehen, ich möchte meine Umwege sogar als Lernfelder betrachten. Ich hoffe, dass wir selbst dem schrecklichsten Umweg mit der nötigen Distanz etwas abgewinnen können, das uns stärker macht.

Glücksaufgabe

Eine der Glücksaktivitäten ist es, Körper und Seele zu pflegen. Auch da braucht es Ausdauer, wohl sogar Disziplin. Welche inneren Bilder kannst du wecken (zB wie du mit 70 sein möchtest), damit du deiner Seele und deinem Körper heute die Pflege schenkst, die sie verdienen?

Bereit für die nächsten 40 Jahre

Ausdauer wird früher oder später belohnt. Meist später.
Wilhelm Busch

Vor elf Jahren durfte ich im Grossraum Chicago an einem wöchigen, intensiven Leadershiptraining mit hochkarätigen Referenten teilnehmen. Die Willow Creek Association lädt jährlich um die hundert Personen aus der ganzen Welt zu diesem Partnering to Prevail Seminar ein.

Da war ich also ende meiner Zwanziger mit fünfjähriger Pionierarbeit-Erfahrung im Rucksack, zusammen mit vielen erfahrenen, einflussreichen Führungspersonen. Ich fühlte mich sehr geehrt. Heute vielleicht sogar noch etwas mehr als damals. Klar hatte ich schon das Eine oder Andere erreicht, mehrere NPO’s gegründet – aber im Grunde war ich noch ein Greenhorn, ein leidenschaftlicher Idealist, der nur darauf wartete, dass das Leben – und vor allem die Arbeit – so richtig zu „rauschen“ beginnen.

In Gesellschaft dieser international zusammengewürfelten Führungspersonen feierte ich meinen 29. Geburtstag. Ich kam dorthin mit der Idee: „Stef, gönn dir noch ein Jahr Ausbildungszeit. Aber lass uns dann, mit 30, so richtig durchstarten …“ Und genau an diesem 30. November 2004 nahm mir ein gewisser Gordon MacDonald (Speaker, Bestseller-Autor) diese Illusion: „Bis 40 Jahre ist ’nur‘ Warm-up – die besten Jahre sind vielleicht noch weit von heute entfernt.“  

Also verlängerte ich meine Ausbildungsphase um 10 weitere Jahre. Ich versuchte die letzten Jahre mit der Haltung zu leben, dass ich mich noch im Warm-up befinde. Mein Leben und besonders meinen Berufsalltag habe ich als Investition in die zweite Lebenshälfte betrachtet.

Kürzlich feierte ich meinen 40. Geburtstag. Mit grosser Dankbarkeit und einem ehrfürchtigen Staunen schaue ich auf einen reichen Erfahrungsschatz, der sich über all die Jahre angesammelt hat. Vieles habe ich mir anders vorgestellt, vieles wäre aber ziemlich sicher weniger gut herausgekommen, wenn es immer nach meinen Vorstellungen gegangen wäre.

Wird mein Leben und Arbeiten jetzt zu „rauschen“ beginnen? Bin ich jetzt bereit zum Durchstarten? Ich weiss es nicht. Was heisst schon Durchstarten? Das Schöne daran, wenn man die erste Lebenshälfte als Warm-up betrachtet, ist, dass man mit 40 nicht schon verbraucht und ausgelaugt ist. Aber eben auch, dass der jugendliche Idealismus einer (hoffentlich) reifen Gelassenheit gewichen ist. Diese ist jedoch nicht etwa mit Resignation zu verwechseln!

Es hat viel mehr damit zu tun, dass ich heute weiss, dass nicht alles von mir abhängt. Ich gebe das, was ich zu geben habe, lebe und arbeite nach bestem Wissen und Gewissen, gestalte das, was ich gestalten kann und versuche mit grosser Ausdauer treu die Aufgaben zu erledigen, die anstehen. Aber dies alles weniger verbissen als früher – dafür gelassener.

Mein bisheriges Fazit: Ausdauer lohnt sich. Nach vielen Jahren Auseinandersetzung mit Lebensthemen und Persönlichkeitsentwicklung ist kurz vor meinem Vierzigsten mein erstes Buch erschienen. Und nach 20 Jahren sozial-diakonischem Engagement für mein Dorf wurde ich völlig unerwartet angefragt, mich in der Exekutive zu engagieren. Schöne Symbolik dabei: Die Wahlurkunde in den Gemeinderat ist mit dem 30. November 2015 – meinem 40. Geburtstag – datiert.

 

KONKRET

Das eigene Leben und Arbeiten aktiv gestalten? In meinem Buch Glück finden – hier und jetzt finden Sie konkrete Anregungen dazu.

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Arbeit“.