Fremdverliebt?

Einen Menschen zu lieben heißt einzuwilligen, mit ihm alt zu werden.
Albert Camus

Als Teenager war ich in mehrere Mädchen gleichzeitig verliebt. Es schien mir zu viele tolle Menschen des anderen Geschlechts zu geben, um mich auf ein Mädchen festzulegen. Gleichzeitig war keines so perfekt, dass sie alles verkörperte, was mir wichtig war: Mit Corinne konnte ich nächtelang über das Leben philosophieren, mit Renate genoss ich kumpelhafte Momente und bei Mirjam stimmte die Figur …
(Damit keine Missverständnisse entstehen: Namen und Attribute sind fiktiv.)

Aus dem Teenager wurde ein Jugendlicher, aus dem Händchenhalten wurde ein Knutschen. Es gab die eine oder andere längere oder vor allem kürzere Beziehung, doch die richtige Frau war irgendwie noch nicht auf meiner Bildfläche erschienen. Verliebt zu sein, war ein schönes Gefühl – zu oft aber auch ein schmerzhaftes, weil die Liebe nicht erwiedert wurde oder zu schnell in der Sackgasse endete.

Als sie, die richtige Frau, dann im Frühjahr 1999 auftauchte, ging es ziemlich zügig voran: Am 9.9.99 wurde verlobt, im Mai 2000 geheiratet – aber das ist eine andere Story …

Mutig wie wir sind, gaben wir unserer Hochzeitsanzeige den Titel „für immer“. Uns erschien dies nicht mutig – es war (und ist) ja unsere klare Absicht. Doch einige Reaktionen aus unserem Umfeld liessen uns spüren, dass diese Festlegung scheinbar etwas Mutiges an sich hat.

Mit dem Tag der Hochzeit hat sich alles komplett verändert: Ich hatte nur noch Augen für meine Frau, in meinem Alltag begegnete ich (ausser ihr) keiner schönen Frauen mehr, da war kein Wunsch nach kumpelhafter gegengeschlechtlicher Freundschaft mehr und mit jemand anderem ausser ihr nächtelang zu philosophieren, verlor auf einen Schlag seinen Reiz.

Natürlich nicht! Irgendwie hatte wohl bei mir das Software-Update nicht einwandfrei funktioniert. Jedenfalls viel mir nach der Schmetterlingphase auf, dass es da auf dem Planeten ja noch viele weitere schöne und/oder spannende Frauen gab, die eine starke Anziehungskraft auf mich ausüben.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich bin kein „Schürzenjäger“ und war es auch nie! Was ich sagen will: Der Mensch ist so ausgestattet, dass andere Menschen eine starke (emotionale oder/und erotische) Anziehungskraft auf einen ausüben – selbst wenn man in einer festen Partnerschaft ist. Und ich behaupte: Sogar, wenn man in einer glücklichen, festen Partnerschaft lebt. Unsere Hardeware ist einfach so ausgestattet.

Es wäre ja einfach, wenn es diese Software geben würde, die schöne Frauen ignorieren würde und uns hälfe, nur noch Augen und Gefühle für unseren Partner zu haben …

Ich habe diese Software bis jetzt nicht entdeckt – und bin mir nicht mal sicher, ob ich sie wirklich installieren würde. Die Frage ist vielmehr: Wie gehen wir damit um, dass andere Menschen eine starke Anziehungskraft auf uns ausüben? Was machen wir damit, wenn wir uns „fremdverlieben“?

Sind wir denn diesen Gefühlen machtlos ausgeliefert? Ich finde es zu einfach, wenn man behauptet, Liebe sei ein Gefühl, für oder gegen das man sich nicht entscheiden könne. Das mag bei den Schmetterlingen im Bauch und dem „Verliebtheitsgefühl“ so sein. Doch wir entscheiden, ob es Liebe wird. Liebe hat so viel mehr mit einer Entscheidung als mit einem schönen Gefühl zu tun. Oder wie es eben im Eingangszitat heisst: „Einen Menschen zu lieben heißt einzuwilligen, mit ihm alt zu werden.“

„Einwilligen“ tönt jetzt nicht wirklich nach grossem Gefühlskino. „Einwilligen“, das ist ein Entscheid, den ich tagtäglich neu zu treffen habe. Hier geht es um Treue, Beziehungspflege, gemeinsam Hochs und Tiefs durchleben, für einander kämpfen, einander verzeihen, zueinander stehen … Und hoffentlich schaffen wir es dann auch, immer wieder Momente des Prickelns im Bauch gemeinsam zu erleben. Auch dafür kann man sich entscheiden!

Was bleibt: Andere Frauen haben immer noch ihre Anziehungskraft. Gerade diese Woche habe ich geschäftlich eine wunderschöne Frau kennen gelernt. Meine Software konnte sie einfach nicht ignorieren …

 

Im GlücksBlog schreibe ich zu den fünf Bereichen, die zu einem Leben in Zufriedenheit gehören. Diese Woche geht es um den Bereich Erfülltes Liebes- und Familienleben.

 

Glück in der Liebe

Bei einer/m Anderen wächst das Gras nicht grüner.
Das Gras ist dort grüner, wo du giesst.
Shauna Niequist

Der Mythos hält sich hartnäckig: Was das Glück in der Liebe angeht, sind wir gnadenlos dem Zufall und den Schmetterlingen, die mal in diese und dann wieder in die andere Richtung fliegen, ausgeliefert. Und das führt dann zur verherenden Schlussfolgerung: Meine (Verliebtheits-)Gefühle bestimmen mein (Liebes-)Verhalten.

Genau in die gegenteilige Richtung zielt das obige Zitat: Nein, bei einer anderen Frau, bei einem anderen Mann, wächst das Gras auch nicht grüner – sprich: auch dort entspricht nicht einfach alles meinen Idealbildern, oder besser: Illusionen. Das Gras ist dort grüner, wo wir giessen – sprich: wir sind nicht einfach machtlos unseren Gefühlen ausgeliefert, sondern wir können unsere Gefühle beeinflussen, indem wir uns überlegen, wo wir uns investieren.

Wo ich Gedanken, Zeit und Energie investiere, wächst eine innere Verbundenheit. Und da stellt sich natürlich die Frage: Wo fliessen all meine Gedanken und meine Energie hin? Wer oder was steht da in Konkurrenz zu meiner Frau?

Darum: Wenn ich hier von Glück in der Liebe schreibe, geht es nicht ums Zufallsglück (engl. Luck), sondern um Glück im Sinn von Zufriedenheit (engl. Happiness).

Investition Nr. 1: Unsere Kommunikation

Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir in das Glück unserer Liebe investieren können. Gemeinsam ist den verschiedenen Varianten, dass sie alle ein Mindestmass unserer Aufmerksamkeit, unserer Gedanken, Energie und Zeit erfordern.

Aus meiner Sicht ist der (Un)Glücksförderer Nr.1 in den meisten Partnerschaften die Kommunikation. Worte können so viel anrichten – positiv wie negativ! Während uns die positive Kommunikation in der Verliebtheitsphase regelrecht zum Aufblühen treibt, droht unsere Liebe in der knappen Alltagskommunikation einzugehen. Woher hatten wir in der Verliebtheitsphase nur all diese Zeit und Energie? Hatte es wohl einfach mit der Neugier und dem Interessen am Gegenüber zu tun?

Wenn ja, dann gilt es, auch nach Jahrzehnten Ehe/Partnerschaft, das Interesse am Partner hochzuhalten. Wie kann das gelingen?

Eine wertvolle Hilfe finde ich das folgende Kommunikationsmodell. Und zwar ist es eine Weiterführung der Idee des aktiven Zuhörens. Im Wesentlich geht es darum, wie wir reagieren, wenn uns unser Partner etwas mitteilt. Martin Seligman schreibt dazu in seinem Buch Flourish: „Es gibt vier grundlegende Arten zu reagieren, von denen nur eine Art eine Beziehung aufbaut.“

Bestimmt haben Sie sofort herausgefunden, welche der vier Reaktionsmöglichkeiten die aufbauende ist. Und welche Form wählen Sie gewöhnlich in der Kommunikation mit Ihrem Partner oder mit Ihren Kindern? Bei mir ist es leider viel zu oft die „passiv-konstruktive Art“. Ich bin mit vielem Anderem beschäftigt und nehme mein Gegenüber bloss zur Kenntnis, statt dass ich durch konkretes Nachfragen aktiv Anteil nehme und meiner Frau damit Wertschätzung gebe und sie ermutige.

Glück in der Liebe ist kein Zufall. Unsere Zufriedenheit in der Liebe hängt in starkem Mass mit unserer Investition in die Beziehung zusammen!

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

  • Welche Investitionen in Ihre Partnerschaft planen Sie für die kommenden Monate? Hier drei entsprechende Veranstaltugnstipps:
    – „Z’Morge für Paare“ im Rahmen der Marriage Week:
    Sa, 31. Januar 2015 in Studen
    Timeout-Weekend für Paare:
    11. + 12. April 2015 im Zentrum Ländli
    – Relax-Wochenende für Paare:
    19. – 21. Juni 2015 im Zentrum Ländli
  • Weitere Artikel zur Paar-Kommunikation.
  • Buchtipp: Der Glücks-Faktor sowie Flourish von Martin Seligman.

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.