"Es tut mir leid!"

Vergeben wärmt das Herz und kühlt die Wunde.
Adolphus W. Ward

Kürzlich hab ich mir an meinem „Papitag“ mal wieder Ärger mit einem unserer Kinder eingehandelt: Am Mittagstisch war noch alles im grünen Bereich – schliesslich hab ich ja auch ein Essen aufgetischt, bei dem nicht viel schief gehen konnte…

Bevor die Kids wieder Richtung Schule loszogen, schmiedeten wir noch die Pläne für die zweite Nachmittagshälfte: Der Sohn will, wie eigentlich jeden Nachmittag, nach der Schule noch auf dem Schulhausplatz Hockey spielen. Die Tochter wäre glücklich, wenn sie eine Runde auf den Inline-Skates drehen könnte. „Alles klar, dann treffen wir uns doch nach der Schule bei mir im Büro“, war mein Vorschlag, da sich mein Büro direkt neben dem Schulhaus befindet.

Leider war aber nicht alles klar: Getroffen haben wir uns schon bei mir im Büro. Aber das ich zur mehr oder weniger konkret ausgemachten Zeit mitten in einem Schreibprozess, der meine volle Aufmerksamkeit erfordert, sein würde, war nicht Teil der Abmachung. Mit mir hab ich das schon mehr oder weniger so abgemacht, aber meine allzu korrekte Tochter verstand unsere Vereinbarung anders.

Mein Vorschlag, sie könnte doch jetzt hier vom Büro aus die gewünschte Skatertour machen, kam nicht wirklich gut an. Also, gar nicht wirklich gut! Sie verstehen, was ich meine… Auf jeden Fall fühlte ich mich in meinem Schreibprozess arg gestört, der Stresspegel erhöhte sich und ich war nicht mehr der liebevolle, verständliche Vater. Sie verstehen immer noch, was ich meine, oder?

Den eigenen Stolz überwinden

Irgendwie brachte ich meinen Artikel zu Ende und verliess mit meiner ungeduldig wartenden Tochter das Büro.

Später, als unsere Tochter in ihrem Zimmer an den Hausaufgaben sass, tat mir der Vorfall leid. Einmal mehr war es mir nicht gelungen, klar zu kommunizieren. Und einmal mehr bin ich in die „Nur noch rasch dies und das erledigen!“-Falle getappt. Unvorhergesehenes kam dazwischen und so konnte mein Plan nicht aufgehen – und meine Tochter landete deshalb in der „Warteschlaufe“.

Beim darüber Nachdenken fragte ich mich: „Kann ich jetzt zu meiner Tochter gehen, sie in den Arm nehmen und sagen: ‚Es tut mir leid!‘?“ „Aber trage wirklich ich alleine die Schuld? Im Büro wurde mein Plan ja von anderen durcheinander gebracht. Und überhaupt: Ist es zu viel verlangt, dass die eigenen Kinder die Arbeit ihres Vaters respektieren und verständnisvoll warten?“

Und so rang ich ein, zwei Minuten mit mir und spürte, dass es irgendwo auch eine Frage des Stolzes ist: Über den eigenen Schatten springen, zugeben, dass ich einen Fehler gemacht hab und meine Tochter, die mich gerade noch so gereizt hat, umarmen?

Ich konnte und ich wollte und es tat gut!

 

UNSERE EMPFEHLUNGEN FÜR DIE ENTDECKUNGSREISE

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Die Ehe-Entdeckungsreise

Brigitte & Stefan Gerber

Die Ehe ist und bleibt die wichtigste Entdeckungsreise, die der Mensch unternehmen kann.
SØREN KIERKEGAARD 

Kürzlich sass uns ein Paar gegenüber und erzählte von seinen Gehversuchen mit dem Eheabend. Wie bei so vielen anderen Paaren hatte das leider erstmal mit viel Frust und wenig Lust zu tun. Nicht, dass man diese Zeit zu zweit gar nicht will. Aber das, was in der romantischen Kennenlernphase von selbst funktionierte, wird plötzlich von zahlreichen Hindernissen umgeben:

  • Frust Nr. 1: Zuviel um die Ohren
    Während es am Anfang unserer Liebesreise nur uns zwei gab, sind jetzt Kind(er), Hund und viele Verpflichtungen dazu gekommen. Die ungeteilte Zeit zu zweit ist hart umkämpft. Und wenn wir dann einmal für uns alleine sind, kämpfen wir uns erstmal durch all die familiären To-Do’s wie Schulformulare und Ferienplanung.
  • Frust Nr. 2: Wir sind so verschieden
    Wie faszinierend war es damals, als wir uns kennen lernten: Sie die Abenteurerin, er der Gewissenhafte. Sie zeigte ihm die Welt, er zeigte ihr, wie man alltägliche Aufgaben strukturieren kann. Und heute? Er will am liebsten daheim bleiben, stört sich da aber an jeder kleinsten Unordnung. Sie hingegen möchte am „Eheabend“ endlich mal raus und etwas erleben…
  • Frust Nr. 3: Wir können nicht konstruktiv kommunizieren
    Wo uns früher die Neugierde antrieb, bleiben wir heute sprachlos – mindestens er. Sie hat immer etwas zu sagen. Wie weniger er spricht, umso mehr holt sie zum abendfüllenden Monolog aus. Da er schon im voraus ahnt, wo das enden könnte, sagt er lieber gar nichts. Was aber die Situation nur noch mehr in eine Sackgass-Kommunikation führt.
  • Frust Nr. 4: Wir kennen uns selbst gar nicht mehr richtig
    Für viele Jugendliche, Singles oder 50Plus-Menschen mag das kaum vorstellbar sein. Aber in der heissen Familienphase kommt es immer wieder vor, dass Väter und Mütter davon sprechen, sich selbst gar nicht mehr richtig wahrzunehmen. Da hört man plötzlich Sätze wie: „Wir sprechen lieber über Familienangelegenheiten, weil wir gar nicht wissen, wie es uns als Individuen wirklich geht.“

Jedes Paar sollte an seiner Beziehungsgestaltung dranbleiben, damit die Lust aneinander und am gemeinsamen Wir nicht vollends auf der Strecke bleibt und am Ende nur noch der ganz grosse Frust übrig bleibt. Das hat auch das eingangs erwähnte Paar entdeckt und sucht darum neue Wege, um die Zeit zu zweit aktiv, abwechslungsreich und konstruktiv zu gestalten.

Brigitte & Stefan Gerber

Wie das gelingen kann, lässt sich hier kaum in einigen Worten schreiben. Zu unterschiedlich ist jedes Paar und jede Situation. Und das ist auch gut so: Für die Ehe-Entdeckungsreise gibt es keinen allgemein gültigen Reiseführer! Erfahrungen von anderen können helfen, Empfehlungen können ausprobiert werden, aber die Entdeckung, was einem auf dieser Reise hilft, muss jedes Paar selbst machen!

Unsere Empfehlungen für die Entdeckungsreise

  • Die „Lust&Frust“-Liste: Was frustet mich/uns, wenn wir an die Zeit zu zweit denken? Und auf was habe ich Lust? Worauf würde ich mich besonders freuen?
  • Wer sich selbst nicht mehr fühlt und/oder einen Input von aussen sucht, findet in unseren Coachings und Timeout-Weekends Unterstützung.
  • Timeout-Weekend für Paare: Thema 2015: Partnerschaft gestalten
    Valentinstagaktion: 50 Fr. Rabatt auf Ihre Anmeldung bis zum 20. Februar!
  • Relax-Wochenende für Paare, 19. – 21. Juni

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Unser "geschafft!"-Fest

Sei heiter und vergnügt und nimm teil an der ‎Freude‬ der anderen.
Dabei fällt dann immer auch etwas eigene Freude ab.
Theodor Fontane

Vor einigen Wochen war es wieder soweit: Wir feierten als Familie unser „geschafft!“-Fest. Am Morgen traf ich mich im Zürcher Oberland mit meinem Coach und hatte schon da allen Grund zur Freude. Die Zeit der Reflexion brachte es deutlich zum Vorschein: Die Ereignisse der vergangenen Monate bieten allerlei guten Stoff für Dankbarkeit. Mein Coach, der mich schon seit Jahren begleitet und so auch schon manch schmerzvolle Erfahrung von mir mitbekommen hatte, schrieb in grosser Schrift auf sein Whitboard: „Geniessen!“ – das sei jetzt angesagt, meinte er.

Beglückt und dankbar machte ich mich nun auf den Weg nach Bern. Mitten in der Altstadt wurde ich bereits von meiner Familie erwartet und wir alle freuten uns auf unser „geschafft!“-Fest. Denn nicht nur ich hatte allen Grund zum Geniessen. Wir alle hatten nach drei sehr intensiven Monaten eine Verschnaufpause nötig und den einen oder anderen Erfolg zu feiern: Prüfungen zum Schulübertritt der Tochter, Jubiläumsfeier unseres gms Projektes, zahlreiche Auftritte meiner Frau, Finanzierungszusagen für unsere sozial-diakonsiche Kinder- und Familienanimation

Rituale, die den Familienalltag beleben

Es ist zu einer schönen Tradition geworden, dass wir uns nach dem strengsten Quartal des Jahres ein besonderes Familienerlebnis gönnen. Dazu gehört jeweils der Besuch eines Kulturangebotes – Theater, Kleinkunst oder auch mal Kino. Und im Anschluss daran gehen wir in ein gutes Restaurant, das an gewöhnlichen Tagen unser Familienbudget sprengen würde.

Diesmal zelebrierten wir unser „geschafft!“-Fest wie gesagt in der Berner Innenstadt: Mit einer extra grossen Tüte Popcorn ausgerüstet, amüsierten wir uns köstlich mit Paddington und seinen Abenteuer. Nach dem Kinobesuch machte sich trotz den Popcorn schon etwas Hunger bemerkbar. Gut also, dass im Papa Jo’s bereits ein Tisch für uns reserviert war. (Leider ging es dann doch nicht so schnell, bis der Hunger gestillt wurde. Wahrscheinlich werden wir mit der Tradition brechen und ein neues Restaurant für unser nächstes „geschafft!“-Fest wählen…)

Die Vorfreude auf dieses spezielle Familienerlebnis hilft uns jeweils, in der strengsten Phase des Jahres durchzuhalten: Auch wenn wir in diesem Quartal, in dem uns unsere Berufung aussergewöhnlich beansprucht, mit etlichen Entbehrungen leben müssen, ist die Ende doch absehbar. Das „geschafft!“-Fest ist für uns so etwas wie die Ziellinie für den Marathonläufer.

Dankbarkeit einüben

Familienrituale wie diese, helfen uns als Familie, aber auch uns als Ehepaar und jedem Familienmitglied persönlich, sensibilisiert dafür zu werden, mit dankbarem Herzen durch das Leben zu gehen. Geschafftes feiern, Erfolge geniessen, den Moment auskosten – das tut gut, ist gesund und hilft, nicht in einen sinnentleerten Alltagstrott abzurutschen.

Welchen Grund zur Dankbarkeit gibt es bei Ihnen aktuell? Und an welchen Freuden Ihrer Mitmenschen möchten Sie Anteil nehmen?

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

  • Ein anderes (Familien)Ritual, das wir gerne weiterempfehlen: Das Jahrbuch. Darin schreiben wir für jeden Monat des Jahres hinein, welche Ereignisse diesen Monat ausgezeichnet haben und wofür wir dankbar sind.
  • Achtsam und dankbar leben – dazu wollen auch unsere Coachings und Timeout-Weekends motivieren.
  • Veranstaltungstipp: „Z’Morge für Paare – Glück in der Liebe“ im Rahmen der Marriage Week, Sa, 31. Januar 2015 in Studen (inkl. Kinderbetreuung mit Nutella-Festival)

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Glück in der Liebe

Bei einer/m Anderen wächst das Gras nicht grüner.
Das Gras ist dort grüner, wo du giesst.
Shauna Niequist

Der Mythos hält sich hartnäckig: Was das Glück in der Liebe angeht, sind wir gnadenlos dem Zufall und den Schmetterlingen, die mal in diese und dann wieder in die andere Richtung fliegen, ausgeliefert. Und das führt dann zur verherenden Schlussfolgerung: Meine (Verliebtheits-)Gefühle bestimmen mein (Liebes-)Verhalten.

Genau in die gegenteilige Richtung zielt das obige Zitat: Nein, bei einer anderen Frau, bei einem anderen Mann, wächst das Gras auch nicht grüner – sprich: auch dort entspricht nicht einfach alles meinen Idealbildern, oder besser: Illusionen. Das Gras ist dort grüner, wo wir giessen – sprich: wir sind nicht einfach machtlos unseren Gefühlen ausgeliefert, sondern wir können unsere Gefühle beeinflussen, indem wir uns überlegen, wo wir uns investieren.

Wo ich Gedanken, Zeit und Energie investiere, wächst eine innere Verbundenheit. Und da stellt sich natürlich die Frage: Wo fliessen all meine Gedanken und meine Energie hin? Wer oder was steht da in Konkurrenz zu meiner Frau?

Darum: Wenn ich hier von Glück in der Liebe schreibe, geht es nicht ums Zufallsglück (engl. Luck), sondern um Glück im Sinn von Zufriedenheit (engl. Happiness).

Investition Nr. 1: Unsere Kommunikation

Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir in das Glück unserer Liebe investieren können. Gemeinsam ist den verschiedenen Varianten, dass sie alle ein Mindestmass unserer Aufmerksamkeit, unserer Gedanken, Energie und Zeit erfordern.

Aus meiner Sicht ist der (Un)Glücksförderer Nr.1 in den meisten Partnerschaften die Kommunikation. Worte können so viel anrichten – positiv wie negativ! Während uns die positive Kommunikation in der Verliebtheitsphase regelrecht zum Aufblühen treibt, droht unsere Liebe in der knappen Alltagskommunikation einzugehen. Woher hatten wir in der Verliebtheitsphase nur all diese Zeit und Energie? Hatte es wohl einfach mit der Neugier und dem Interessen am Gegenüber zu tun?

Wenn ja, dann gilt es, auch nach Jahrzehnten Ehe/Partnerschaft, das Interesse am Partner hochzuhalten. Wie kann das gelingen?

Eine wertvolle Hilfe finde ich das folgende Kommunikationsmodell. Und zwar ist es eine Weiterführung der Idee des aktiven Zuhörens. Im Wesentlich geht es darum, wie wir reagieren, wenn uns unser Partner etwas mitteilt. Martin Seligman schreibt dazu in seinem Buch Flourish: „Es gibt vier grundlegende Arten zu reagieren, von denen nur eine Art eine Beziehung aufbaut.“

Bestimmt haben Sie sofort herausgefunden, welche der vier Reaktionsmöglichkeiten die aufbauende ist. Und welche Form wählen Sie gewöhnlich in der Kommunikation mit Ihrem Partner oder mit Ihren Kindern? Bei mir ist es leider viel zu oft die „passiv-konstruktive Art“. Ich bin mit vielem Anderem beschäftigt und nehme mein Gegenüber bloss zur Kenntnis, statt dass ich durch konkretes Nachfragen aktiv Anteil nehme und meiner Frau damit Wertschätzung gebe und sie ermutige.

Glück in der Liebe ist kein Zufall. Unsere Zufriedenheit in der Liebe hängt in starkem Mass mit unserer Investition in die Beziehung zusammen!

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

  • Welche Investitionen in Ihre Partnerschaft planen Sie für die kommenden Monate? Hier drei entsprechende Veranstaltugnstipps:
    – „Z’Morge für Paare“ im Rahmen der Marriage Week:
    Sa, 31. Januar 2015 in Studen
    Timeout-Weekend für Paare:
    11. + 12. April 2015 im Zentrum Ländli
    – Relax-Wochenende für Paare:
    19. – 21. Juni 2015 im Zentrum Ländli
  • Weitere Artikel zur Paar-Kommunikation.
  • Buchtipp: Der Glücks-Faktor sowie Flourish von Martin Seligman.

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Als meine Kinder selbständig wurden

Die Vaterliebe gestattet uns, mit all den wunderbaren Wurzeln etwas Gutes anzufangen. Sie bringt uns das Fliegen bei.
Richard Rohr 

Das Telefon klingelt. Am anderen Ende eine Kinderstimme: „Papi, was ist eine beschichtete Pfanne?“ Hundert Gedanken rasen mir durch den Kopf: „Wow, meine Kinder wollen kochen.“ „Muss ich das verbieten, wenn keine erwachsene Person im Haus ist?“ „Ich freu mich auf die gemeinsame Mahlzeit.“ „Sollte ich sofort nach Hause fahren und alles kontrollieren?“ „Die schaffen das alleine.“ „Was, wenn zwischen den Kids ein Streit ausbricht?“ „Ist das mit Mami abgesprochen?“

Meine Kinder überraschen mich an diesem normalen Tag! Nachdem ich das Rätsel um die beschichtete Pfanne lösen konnte und mit unseren Kindern Janosch Noah (8 Jahre) und Joy Nina (11 Jahre) vereinbarte, dass ich in rund 15 Minuten vom Büro nach Hause komme, bereiten sie ein einfaches, aber köstliches Mittagessen vor und ich schliesse in grosser Vorfreude meine Arbeit ab.

Daheim angekommen ist weder das Haus abgebrannt noch liegen sich die Kinder in den Haaren. Im Gegenteil: Voller Stolz bitten sie mich zu Tisch und wir geniessen eine leckere Mahlzeit zu dritt, während meine Frau für eine Sitzung unterwegs nach Zürich ist. Das Vaterherz springt vor Freude – wie gross und selbständig unsere Kids doch schon sind!

Neben meinem fixen „Papi-Tag“ springe ich auch hin und wieder je nach Terminplanung meiner Frau an anderen Tagen für die Betreuung ein. So auch an diesem Nachmittag. Da gerade Ferienzeit ist und die Kinder keine weiteren Verpflichtungen haben, beschliessen wir, meine Mutter an ihrem Arbeitsplatz, dem Bahnhof Biel, zu besuchen. Das frühlingshafte Wetter bietet sich an, dies per Fahrrad zu tun.

Und so bin ich mit meinen Kindern dem Kanal entlang unterwegs und geniesse die schöne Landschaft des bernischen Seelands. Auf einmal fällt mir auf: Ich musste weder lange Motivationsreden schwingen, noch als Supervisor die Geschehnisse überwachen, bis auch wirklich alles gepackt, Jacke angezogen und Fahrrad gesattelt war. Nein, meine Kinder mussten nicht angetrieben und die Kleidung nicht kontrolliert werden. Das Vaterherz springt ein weiteres Mal vor Freude – wie gross und selbständig unsere Kids doch schon sind!

Am Abend wird dem Mami eifrig von diesem ereignisreichen Tag erzählt. Etwas ungläubig schaut mich meine Frau an (und fragt sich insgeheim: „Wie hat er das hingekriegt?“), erzählt ihrerseits von der als anstrengend erlebten Besprechung. Müde beschliessen wir, frühzeitig zu Bett zu gehen. Und da gibt es nochmals eine Überraschung, die gut zu diesem Tag passt: Wir sollen nur zu Bett gehen, meinten unsere Kinder, sie würden dann später auch gehen.

Eine weitere Premiere an diesem Tag: Unsere Kinder gehen nach uns schlafen. Ein letztes Mal springt das stolze Vaterherz an diesem Tag vor Freude – wie gross und selbständig unsere Kids doch schon sind!

Dieser Artikel ist auch in der Kolumne Tankstelle für Männer der Zeitschrift Family (6/2014) erschienen.

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Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Wie werden wir stark?

In dir muß brennen, was du in anderen entzünden willst.
Augustinus

Kürzlich durften wir für zehn Familien ein Timeout-Weekend gestalten. Als ich dafür den Seminarblock „Starke Kinder, starke Eltern – starke Familie“ vorbereitete, stöberte ich in Büchern, Referaten und Blogartikeln. Da sagte meine Frau locker: „Ist doch ganz einfach: Jeder muss zufrieden mit sich selbst sein und man muss als Paar am gleichen Strick ziehen, das ergibt dann eine starke Familie.“

Formeln sind ja so schön, weil sie das komplexe und komplizierte Leben in eine klare Logik pressen. Und genau darum bin ich in der Regel ziemlich skeptisch, wenn jemand Sätze mit „Ist doch ganz einfach“ beginnt. Das „one-size-fits-all“-Prinzip wird dem realen Leben zu oft nicht gerecht. Darum verkaufen wir in unseren Seminaren und Coachings keine allgemeingültige Rezepte. So einfach ist das Leben – und vor allem der Familienalltag – leider nicht. Wir helfen zur Selbstreflexion, also zum Nachdenken über die eigene Situation. Wir begleiten im Entdecken von eigenen, kreativen Lösungsansätzen. Jeder ist ein Original – darum kann es nicht Lösungen geben, die für jeden passen.

Trotzdem nahm ich die Anregung meiner Frau als Arbeitsthese für besagtes Timeout-Weekend für Familien: Selbstzufriedenheit + Paar/Eltern als Team = starke Familie.

Selbstzufriedenheit der Eltern

Einmal mehr musste ich an das bekannte Zitat von Augustinus (siehe oben) denken: Was wir unseren Kindern weitergeben wollen, muss zuerst in uns selbst brennen.

Ich vermute (nein, ich hoffe!), dass alle Eltern ihren Kindern einen starken Selbstwert und ein grosses Selbstvertrauen mit auf den Weg geben wollen.

Gut so! Doch: Brennen diesen beiden Dinge auch in uns selbst? Wie steht es mit meinem Selbstwert und Selbstvertrauen?

Unter Selbstwert verstehen wir: Ich bin ein einzigartiges, wunderbares Geschöpf Gottes. Ich bin wertvoll, weil ich lebe. Meinen Wert habe ich durch Geburt, nicht durch Leistung.

Mit Selbstvertrauen meinen wir: Ich traue mir etwas zu. Ich weiss, dass ich etwas leisten kann.

Ja, genau diese beiden Dinge will ich meinen Kindern weitergeben. Doch was ich weitergeben will, muss zuerst in mir leben. Darum gab ich während dem grössten Teil des erwähnten Seminarblocks Anregungen zur Selbstzufriedenheit weiter. Dabei orientierte ich mich am „Säen – Schlafen – Ernten„-Zyklus.

Wurzeln und Flügel

Zu dem, was die Eltern zu einem starken Team macht, gäbe es viel zu sagen. Angefangen bei einer konstruktiven Paar-Kommunikation über gemeinsame Ziele bis zur konkreten Gestaltung des Beziehungsalltages.

Ich beschränke mich auf den Hinweis auf das „Wurzel & Flügel„-Konzept, welches ich an dieser Stelle schon öfters vorgestellt habe.

Die Wurzeln sind ein Bild für die Mutterenergie und stehen für Geborgenheit, verwurzelt sein. Wir können auch sagen: Die Wurzeln haben mit Selbstwert zu tun.

Die Flügel sind ein Bild für die Vaterenergie. Es geht darum, dass unseren Kinder etwas zugetraut wird, ja, dass wir sie beflügeln. Die Flügel haben also mit Selbstvertrauen zu tun.

Wenn es uns gelingt, dass wir mit uns selbst im Reinen sind, in guter Balance leben und uns unseres eigenen Wertes bewusst sind, haben wir den ersten Teil geschafft. Sind wir dann noch als Paar ein Team, dass den Kids Wurzeln und Flügel schenkt, sind wir auf dem besten Weg zu einer starken Familie.

Einige Charaktereigenschaften einer starken Familie gibt uns Mihaly Csikszentmihalyi in seinem Buch FLOW – Das Geheimnis des Glücks weiter und habe ich im Artikel Starke Kinder vorgestellt.

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Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Es geht auch anders

Geld haben ist schön, solange man nicht die Freude an Dingen verloren hat, die man nicht mit Geld kaufen kann.
Salvador Dalí

Ferien sind teuer, Familienferien erst recht, im Sommer sowieso. Wer den Familienalltag eher mit bescheidenem Budget bestreitet, muss knallhart kalkulieren, ob die Ferien am Meer oder das Familienhotel drinliegt. Entweder man nimmt sich im Alltag zurück und spart auf das eine grosse Ziel: Die Sommerferien. Oder man übernimmt sich und bezahlt im Nachhinein einen hohen Preis für zu viel ausgegebenes nicht vorhandenes Geld.

Günstige Ferien

Es geht auch anders: Auch Familienferien müssen nicht immer teuer sein. Weil der Sommer die teuerste Saison ist, haben wir in den letzten Jahren unsere Sommerferien daheim verbracht. Auch da gilt es, genau hinzuschauen. Auch etwas Kreativität ist gefragt. Denn Tagesausflüge können in der Schweiz auch schnell ganz teuer werden.

Vor unseren Sommerferien sammeln wir einerseits Ideen, was wir gerne unternehmen würden (da darf jedes Familienmitglied Wünsche anbringen), anderseits halten wir unsere Augen offen für Spezialaktionen. Immer mehr Firmen buhlen um die Zielgruppe Familie und so gibt es nicht wenige attraktive Angebote von Grossverteilern, Krankenkassen, Banken… Auch lokale Unternehmen haben manchmal spannende „Sommerloch“-Aktionen: Zum Beispiel 2 für 1 auf der Minigolfanlage.

Unser Familienhighlight in den letzten beiden Jahren war die Sommeraktion der Berner Zeitung. Völlig kostenlos wird da in verschiedenen Städten eine Schatzsuche angeboten. Das einzige, was man braucht, ist die Schatzkarte (online verfügbar oder in einem Tourismusbüro der Region erhältlich) – und los geht’s: Bei einem ausgedehnten Spaziergang lernt man eine Ortschaft besser kennen, hat Rätsel zu lösen, kommt bei einem Tierpark vorbei, landet sogar mal (kostenlos) auf einem Thunerseeschiff und wird am Ende noch mit dem einen oder anderen Geschenk und Gutschein in der Schatztruhe belohnt.

Ganz viel Erlebnis für wenig Geld

So haben wir tolle Budget-Sommerferientage verbracht. Und neben der Tatsache, dass dadurch das Familienbudget nicht in Schieflage geriet, ist das Beste, dass wir ganz viele Familienerlebnisse gesammelt haben. Und darum geht es doch bei Familienferien – ob mit grossem oder kleinem Budget. Hauptsache, wir als Familie haben Freude zusammen, erleben etwas gemeinsam und können den hektischen Alltag für einige Tage beiseite schieben.

Einen zusätzlichen Reiz haben unsere „Daheim-Ferien“ erhalten, indem wir ein Massenlager eingerichtet haben und zu viert auf dem Wohnzimmer-Boden geschlafen haben. Die Kids fanden das natürlich cool – und sogar Mami und Papi haben erstaunlich gut geschlafen…

Luxusferien und US-Rundreise passen nicht in jedes Familienbudget. Lassen wir uns nicht unterkriegen! Mit etwas Phantasie gibt es kreative Möglichkeiten, um günstig ganz tolle Familienerlebnisse zu machen. Wir treiben es auf die Spitze und haben in den beiden letzten Sommerferien mehr Geld eingenommen als ausgegeben: Einmal, weil wir am Ende der Schatzsuche noch einen Preis beim Wettbewerb gewonnen haben und dieses Jahr, weil Mutter und Tochter als Ferienerlebnis noch bei einer Werbefilmproduktion mitspielten.

Lernen wir wieder das Einfache zu geniessen – es bedeutet unseren Kindern am Ende vielleicht sogar mehr als die Luxusferien. Der Psychologe Archibald Hart schreibt in Wer zu viel hat, kommt zu kurz„Hören sie auf, der grosse Supervater/die Supermutter sein zu wollen. Gehen Sie nach draussen und spielen Sie mit Ihren Kindern.“

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Sich (miss)verstehen

Um sich zu verstehen, brauchen die Menschen nur wenige Worte.
Viele Worte brauchen sie, um sich nicht zu verstehen.

Indianische Weisheit

„Unsere Ehe-Kommunikation hat mal wieder nicht funktioniert“, leicht resignierend und etwas frustriert versucht mir eine Bekannte zu erklären, warum sie sich erst jetzt für einen Anlass anmeldet. Kaum 24 Stunden bevor es losgehen soll und wir natürlich schon alles organisiert haben.

Ein klassisches Missverständnis: Auf die Aufforderung ihres Mannes hin, hat sie den Termin in ihrer Agenda notiert. Dabei ging jedoch vergessen, zu klären, wer sich bei uns, dem Veranstalter des Anlasses, melden würde.

Leider ist der Alltag voll von solchen und ähnlichen Missverständnissen. Gerade der Paaralltag bietet hier einen fruchtbaren Nährboden, der zu einem furchtbaren „Aneinander-Vorbei-Kommunizieren“ führen kann.

Störfaktore erkennen

Dank Kommunikationswissenschaftler wie Schulz von Thun wissen wir, dass es auf dem Weg zu einer gelingenden Kommunikation mehrere Hindernisse gibt. So erinnert uns das 4-Ohren-Modell daran, dass sich unser Kommunizieren nicht nur um die Sache selbst dreht, sondern auch immer eine Beziehungsebene hat und zudem spielen unsere Erwartungen an den anderen eine wesentliche Rolle. Nicht zu unterschätzen gilt es im Weiteren meine eigene Verfassung: Bin ich gereizt? Fühle ich mich schon im Voraus in einem Minus? Oder ist mein Grundgefühl eher von Arroganz und dem Wunsch, die anderen herumzudirigieren, geprägt?

All diese Faktoren zeigen, dass in jeder Kommunikation neben dem sachlichen Informationsaustausch sofort auch immer unsere Emotionen mitspielen. Und ein kurzer Selbsttest zeigt mir, dass die emotionale Seite der Kommunikation die sachliche Seite häufig überlagert. Ich ertappe mich regelmässig dabei, dass ich in E-Mails lieber das lese, was da gar nicht steht (Was finde ich zwischen den Zeilen? Was will mir mein Gegenüber wirklich sagen? …) und dann interpretiere ich das, was da nicht steht, auch noch und schon habe ich mehr mit meiner Emotionalität zu tun als mit der Sache selbst.

Kennen Sie das? Solche Prozesse geschehen ja meistens unbewusst, doch die unpersönliche und oft hastige Kommunikation mit den neuen Technologien lädt uns geradezu ein, zwischen den Zeilen zu lesen und zu interpretieren. Die Kommunikation in der persönlichen Begegnung scheint mir da etwas einfacher zu sein, weil es weniger Spielraum zur Interpretation gibt, resp. viel einfacher abgetastet oder direkt nachgefragt werden kann.

Nun, der Interpretationsspielraum bei der Kommunikation mit den neusten Technologien mag ein möglicher Störfaktor sein. Natürlich gibt es davon noch viele weitere. Gerade in der Kommunikation als Paar gilt es, herauszufinden, was das gemeinsame Gespräch behindern könnte:

  • Falscher Zeitpunkt?
    Z.B. weil die Kinder gerade kein persönliches Gespräch zu zweit zulassen.
  • Falsche Tageszeit?
    Z.B. weil einer der beiden zu müde ist nach dem anstrengenden Arbeitstag.
  • Falscher Ort?
    Z.B. weil die Ablenkung hier zu gross ist.
  • Falsche Voraussetzung?
    Z.B. weil die Stimmung bereits gereizt ist.

Das Bewusstsein von möglichen Störfaktoren ist der erste Schritt zu einer verbesserten Kommunikation. Wenn es uns dann noch gelingt, diese Störfaktoren aus dem Weg zu räumen, werden die Missverständnisse weniger.

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

  • Unser Seminar zum Thema: Was ich dir eigentlich sagen wollte… …oder die Kunst einer gelungenen Paar-Kommunikation.
  • Eine wohltuende, ganzheitliche und alltagstaugliche Auszeit für Paare – das ist unser Timeout-Weekend für Paare. Immer am ersten Weekend im April.
  • Weitere Artikel zur Paar-Kommunikation.

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Starke Kinder

Wenn man von den Angehörigen seines Wertes versichert wird,
gewinnt man die Kraft, Risiken einzugehen.

Mihaly Csikszentmihalyi (in: FLOW – Das Geheimnis des Glücks)

Als Eltern ist es eine wichtige Aufgabe, den Kindern Selbstvertrauen mit auf den Weg zu geben. Wer einen gesunden Selbstwert hat, traut sich etwas zu. Leider sind wir Erwachsenen uns auch nicht immer unseres Wertes bewusst. Darum ist es wichtig, dass wir einander stärken – damit wir wiederum andere (z.B. eben unsere Kids) stärken können!

Aber wie tut man das? Gerade diese Woche habe ich beides erlebt: An einem Tag war ich so stolz auf eines meiner Kinder, als es sich etwas mutiges zugetraut hatte und sein selbst gestecktes Ziel ohne irgendwelches Zutun von uns Eltern anpackte und im wahrsten Sinn des Wortes den Sprung ins Wasser wagte. Kaum 24 Stunden später, dasselbe Kind, panische Angst vor einer Aufgabe, die es eigentlich ohne Nervenflattern hätte packen können. Aber es ging nicht, mein gestern noch so mutiges Kind war wie gelähmt.

Unsere Kinder zu stärken und zu selbstbewussten Persönlichkeiten heranreifen zu lassen, ist eine grosse Aufgabe. Dabei werden wir Fortschritte feiern können, müssen aber auch Rückschläge in Kauf nehmen.

In seinem „FLOW-Buch“ erzählt Mihaly Csikszentmihalyi von einer Studie (von Kevin Rathunde, Universität von Chicago), die aufzeigte, unter welchen Umständen sich Teenager zu glücklicheren, zufriedeneren und stärkeren Persönlichkeiten entwickelten. Kaum erstaunlich: Massgebend war die Beziehung zu ihren Eltern.

„Der Familienkontext, der optimale Erfahrungen fördert, wies fünf Eigenschaften aus“, schreibt Mihaly Csikszentmihalyi. Und zwar sind das:

  • Klarheit: Die Erwartungen der Eltern an die Kids sind klar. „Ziel und Feedback innerhalb des Familiensystems sind eindeutig.“
  • Zentrierung: Die Kinder erleben, dass ihre Eltern an ihren Gefühlen und Erfahrungen interessiert sind. Und zwar mehr als an den schulischen Leistungen.
  • Wahlmöglichkeit: Kinder haben die Möglichkeit, selbst Entscheidungen zu treffen. Sie haben eine Reihe von Optionen aus denen sie auswählen können und lernen die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu tragen (auch wenn sie sich zum Beispiel dafür entscheiden, eine elterliche Regel zu brechen).
  • Bindung: Das Kind baut Vertrauen auf, senkt seine Verteidigungsbarrieren und kann sich vertieft dort investieren, wo seine Interessen liegen.
  • Herausforderung: Den Kindern wird ihrem Alter und ihren Möglichkeiten entsprechend ein Umfeld geboten, in dem sie zunehmend grössere und komplexere Aufgaben zu lösen haben.

Abschliessend stellt der Flow-Erfinder die genannten Eigenschaften mit den Kennzeichen einer Flow-Erfahrung in Verbindung und schreibt:

Kinder, die in Familiensituationen gross werden, die eindeutige Ziele, Feedback, das Gefühl von Kontrolle, Konzentration auf gegebene Aufgaben, intrinsische Motivationen und Herausforderungen bieten, werden allgemein eine bessere Chance haben, ihr Leben so zu ordnen, dass flow möglich wird.

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Neugierig trotz Vertrautheit

Die Liebe besteht zu drei Vierteln aus Neugier.
Giacomo Casanova

Dass Verliebtsein sehr viel mit Neugier und damit mit dem Interesse am noch nicht so vertrauten Gegenüber zu tun hat, ist nachvollziehbar. Vielleicht ist man sogar versucht zu sagen: Je kleiner die Vertrautheit, desto grösser die Neugier. Und häufig dann eben auch: Je mehr die Vertrautheit zunimmt, desto kleiner wird die Neugier.

Giacomo Casanova, venezianischer Schriftsteller aus dem 18. Jahrhundert, schreibt hier jedoch von der Liebe und nicht bloss vom Gefühl des Verliebtseins. Obwohl sein Lebenswandel darauf schliessen lässt, dass er wohl doch eher das Zweite meinte. Trotzdem: Es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob auch in einer langjährigen Beziehung, in der hoffentlich eine grosse Vertrautheit herrscht, die Neugier tatsächlich drei Viertel der Liebe ausmacht.

Ob es wirklich 75 % sind, spielt nicht wirklich eine Rolle. Doch je länger ich über das Zitat nachdenke, umso mehr sehe ich darin effektiv eine sehr wertvolle Anregung für alle Liebespaare: Wenn ihr eure Liebe über die Phase des Verliebtseins retten wollt und auch nach zahlreichen Jahren des gemeinsamen Weges nicht einem Ehealltagstrott verfallen wollt, lohnt es sich, eine grosse Portion Neugier zu behalten.

Wie bleiben wir neugierig aufeinander?

Gerade vor paar Wochen war es wieder einmal soweit: Aus heiterem Himmel erzählt mir ein Bekannter, dass sich seine Frau von ihm getrennt hat. Nein, sie hätten keine grosse Krise gehabt, meinte er. „Da gab es schon schlechtere Zeiten in unserer Ehe.“ Aber scheinbar war in der Vertrautheit des Ehealltags etwas verloren gegangen und (ich mutmasse) die Neugier trieb die Frau in die Arme eines anderen.

Wie bleiben wir also füreinander interessant? Wie kann Neugier auch dann aufrechterhalten werden, wenn die Vertrautheit immer grösser wird?

  • Weiss ich wirklich schon alles von ihr/ihm?
    Kürzlich erzählte mir jemand, sie würden immer mal wieder Ferien an einer Kindheitsstation des Mannes machen. Gute Idee: Wo gibt es noch Spannendes aus der Kindheit meines Partners zu entdecken?
  • Interessant füreinander bleiben
    Die Vertrautheit der Familie führt manchmal auch dazu, dass wir uns ausswärts viel attraktiver geben, uns gerne von der besten „Schoggi“-Seite zeigen, während wir daheim nur noch unsere Schattenseite zeigen. Haben es unsere Liebsten und vor allem unser Partner nicht in besonderem Mass verdient, dass wir uns auch für sie anstrengen (uns schön machen, Herzlichkeit zeigen, mit kleinen Extras und Liebestaten überraschen…)?
  • Neues entdecken
    Bei unserem Timeout-Weekend für Paare unter dem Motto „Ich bin ich und du bist du“ kommt es jeweils zu spannenden Aha-Erlebnissen. Durch das Reflektieren des Persönlichkeitsstils von sich und vom Partner werden Neuentdeckungen gemacht und manche Ehealltagssituation erscheint in anderem Licht.
  • Gemeinsame Erlebnisse
    Vielleicht hilft es, wenn wir die (nicht mehr so stark vorhandene) Neugier nicht zu sehr nur auf den Partner fokussieren, sondern gemeinsam neugierig die Welt entdecken: Gemeinsame Unternehmungen, ungewohntes Essen in einem „neuen“ Restaurant, unbekannte Kulturen kennen lernen (auf Reisen, im Kino oder Theater). Ich bin mir fast sicher, dass so auch die Neugier auf den eigenen Partner wieder steigt.

Zudem ist es möglich und sehr empfehlenswert, die Neugier auch im Alltag zu kultivieren. Durch eine konstruktiv-aktive Kommunikation zeigen wir Interesse an dem, was der Partner durch den ganzen Tag hindurch erlebt. Das stärkt die Liebe.

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.