Wind of Change

Liebst du Veränderungen? Die Chance ist hoch, dass du eher nicht zu denen gehörst, die sich voller Begeisterung auf Veränderungen stürzen.

Keine Angst, das ist nicht etwa gegen dich und mit dir ist auch überhaupt nichts verkehrt, wenn du nicht in laute Jubelschreie ausbrichst, wenn sich gerade eine Veränderung anbahnt.

Laut Change Management Lehre sind es nur etwa 5 Prozent – die Visionäre – die nicht nur Lust auf Veränderung haben, sondern diese auch gleich bei jeder sich bietenden Gelegenheit selbst initiieren.

Eine weitere eher kleine Gruppe gehört zu den Förderer: Sie nehmen eine neue Idee schnell auf, schliessen sich mit Neugier den Visionären an und werden zu wichtigen Botschaftern im Veränderungsprozess.

Weil wohl etwa 80 % der Menschen weder zu den Visionären noch zu den Förderer gehören, sieht es für jede Neuerung und Veränderung schlecht aus, wenn sich nur diese 20 % auf das Neue einlassen.

Darum gilt es, möglichst bald die positiven Mitmacher zu finden: Sie suchen die Veränderung nicht, lassen sich aber durch eine ansteckende Vision zusammen mit überzeugenden Argumenten mit auf den Weg nehmen.

Wenn ich mich richtig erinnere, wurde diesen positiven Mitmachern in meinen Weiterbildungskursen als Jungscharleiter (vor 25 Jahren …) den Namen „die schnelle Mehrheit“ gegeben: Sie suchen die Veränderung nicht, sind aber auch nicht grundsätzlich dagegen.

Dieser schnellen Mehrheit stehen die abwartenden Skeptiker gegenüber:

Warum die Komfortzone durchbrechen, wenn es hier doch gerade so gut läuft?

Warum den sicheren Hafen für das riskante Abenteuer verlassen?  

Brauchen wir das wirklich (auch noch)?

Wer soll das bezahlen?

Und die Killerfrage der Skeptiker: Was, wenn wir mit dem Neuen scheitern?

Das Gute dieser Gruppe: Mit der Zeit, wenn sie ihre Ängste formulieren konnten und beobachtet haben, wie andere mutig den Change gestalten, werden auch sie sich auf das Neue einlassen.

Ja, mehr noch: Es kommt der Tag, da werden auch sie erkennen, dass in jedem Change auch eine Chance steckt. Altes, Liebgewonnenes loszulassen ist mit Abschiedsschmerzen verbunden. Es darf, nein, es muss getrauert werden.

Erst wer trauert und das Alte verabschiedet, wird frei und offen für das Neue.

Die Gruppe der abwartenden Skeptiker ist im Grunde die wichtigste Gruppe, wenn wir eine Veränderung positiv und erfolgreich gestalten wollen. Wenn wir sie gewinnen, dann sind 80 % bereit für das Neue.

Die restlichen 20 % teilen sich in die Gruppe der Bremser und aktiven Blockierer:

Warum kann nicht einfach alles so bleiben, wie es ist?

Nun, wenn alles bleibt, wie es ist, bleibt irgendwann gar nichts mehr. Veränderung gehört zum Leben. Im persönlichen Leben gehen wir von einer Saison in die andere und so kennt auch jede Organisation unterschiedliche Phasen.

Natürlich muss man nicht jeden Tag alles auf den Kopf stellen, aber wer sich konsequent gegen jeden Wandel stemmt, ist auf die Sackgassse eingebogen: In unser schnelllebigen Welt wird untergehen, wer sich nicht auf Veränderung einlässt.

Zum Thema Veränderung gestalteten wir neulich eine ganze Kinderwoche und veränderten beim Abschlussfest auch ganz anschaulich Dinge: Brigä & Adonette waren für einmal nicht auf der Hauptbühne, sondern auf einer extra aufgestellten Nebenbühne. Der Kommentar eines Kindes: „Hä, warum ist Adonette dort? Das geht doch nicht. Adonette ist immer auf der grossen  Bühne!“

Eindrückliches Beispiel dafür, was Veränderungen bei uns für Reaktionen hervorrufen können.

Glücksaufgabe

Bei eben erwähntem Abschlussfest habe ich von Veränderungen im persönlichen Leben und den unterschiedlichen Phasen gesprochen:

Frühling – Geschäftiges Treiben, Veränderung, Neues bricht auf

Sommer – Easy Going, zur Ruhe kommen, Wärme tanken

Herbst – Früchte ernten, Erfolge feiern, Berggipfel erklimmen 

Winter – Abschied nehmen, Erschöpfung, innerlich stark werden 

In welcher Jahreszeit befindest du dich gerade? Was ist das Schöne in dieser Phase des Lebens? Was willst zu zelebrieren? Und was ist schmerzhaft? Wo ist Trauer angebracht?

Wertschätzung gegen den Stress

Bei jedem vierten Arbeitnehmer in der Schweiz liegt das Stressniveau im kritischen Bereich:

Die neueste Erhebung des Job-Stress-Index in der Schweiz zeigt, dass der Anteil der Personen mit mehr Belastungen als Ressourcen leicht gestiegen ist; von 25,4% (2016) auf 27,1% (2018).

Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz

Stress am Arbeitsplatz hat viele Ursachen. Weniger oft als erwartet, ist es die Arbeitsmenge als solches. Viel öfters liegen die Stressoren im zwischenmenschlichen, emotionalen und psychologischen Bereich.

Wenn ich von meinen Arbeitskollegen geschnitten werde, löst das mindestens so viel Stress aus, wie wenn ein Team mit zu wenig Ressourcen in zu kurzer Zeit zu viel Aufträge zu verarbeiten hat.

In einem sehr lesenswerten Interview der NZZ am Sonntag (26. Mai 2019) gibt Arbeitspsychologe Prof. Norbert Semmer zu diesem zwischenmenschlichen Stressor zu bedenken:

Isolation ist ein wichtiger Stressfaktor. Hat man das Gefühl, man werde übergangen, dann fühlt man sich ausgeschlossen, und das löst Stress aus.

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) im Allgemeinen hat viele Facetten, genauso wie die Stressbekämpfung im Besonderen.

Beim Lesen des besagten Interviews hat mich fasziniert, wie Norbert Semmer Stress und Wertschätzung in Zusammenhang bringt. Jeder will gesehen werden! – wie wir wissen (siehe Blogartikel 16.05.2019). Und das hat sehr viel mit Wertschätzung, Zugehörigkeit und Vertrauen zu tun.

Fehlt die Wertschätzung, steigt der Stress. Fühle ich mich jedoch von meinem Chef und/oder von meinem Kollegen wertgeschätzt, sinkt auch das Stressniveau – selbst wenn die Arbeit als solches dadurch noch nicht kleiner wurde.

Jeder, der schon mal eine wertschätzende Teamkultur erleben durfte, würde bestätigen, dass man mit einem solchen Team bei weitem mehr Leistung erzielt – und sich am Ende sogar noch energiegeladener fühlt als bei weniger Arbeit in einem mittelmässigen Team.

Kreative Wege für echte Wertschätzung

Meinen Mitarbeitenden oder Kollegen Wertschätzung zu schenken, ist im Grunde nicht schwer – man muss es einfach tun. Trotzdem gilt es einige Regeln zu beachten.

Sei konkret!
Das immer gleiche Pauschallob „Toll gemacht!“ lutscht sich sehr schnell ab. Wenn wir eine Person jedoch „auf frischer Tat ertappen“ und sie zeitnah und konkret für ihre Ausstrahlung bei der Präsentation, ihr Feingefühl bei der Verhandlung oder ihr „Out-of-the-Box“-Denken beim Brainstorming loben, wird unsere Anerkennung als Wertschätzung ankommen und positive Spuren hinterlassen.

Schaffe Zugehörigkeit!
Verlieren tun wir als Einzelkämpfer, gewinnen tun wir als Team. Ein Topmitarbeiter falsch eingesetzt, erschwert jede Teamarbeit. Ein mittelmässiger Mitarbeiter richtig eingesetzt, macht aus ihm einen wertvollen Teamplayer. Somit ist eine wichtige Führungsaufgabe, für jede und jeden den richtigen Platz zu finden. Und dabei eine Kultur aufzubauen, in dem sich alle als geschätzter Teil vom grossen Ganzen verstehen.

Gib Verantwortung weiter!
Ich fühle mich wertgeschätzt, wenn mir jemand grosse Aufgaben zutraut.  Durch das Anvertrauen wichtiger Aufgaben, inklusive entsprechende Entscheidungskompetenzen, drücken wir Wertschätzung aus.  Wie Norbert Semmer im Interview sagt, hat das nicht notwendigerweise mit der Abschaffung von Hierarchiestufen zu tun, sondern mit unserem Führungsverständnis.

Lebe Originalität!
Deine Wertschätzung ist anders als die von deiner Vorgängerin. Und das ist gut so! Steh zu deiner Art und versuche nicht jemanden zu imitieren. Aufgesetzte Wertschätzung kommt nicht an – auch nicht, wenn du es in einem teuren Managementkurs gelernt hast. Authentizität ist heute wohl wichtiger denn je.

Sei kreativ!
Nicht jeder spricht auf dasselbe an. Einer fühlt sich durch öffentliches Lob besonders wertgeschätzt, die andere freut sich mehr an einer persönlichen Karte, manchmal darf es ein kleines Geschenk sein. Lass dein Herz sprechen, sei überraschend, behandle nicht jeden gleich, aber lass allen deine Wertschätzung zukommen!

Glücksaufgabe

Langer Schreibe kurzer Sinn: Gib Wertschätzung weiter! Und am besten gleich hier und jetzt: Wen beschenkst du noch heute mit einem besonderen Ausdruck deiner Wertschätzung?

Jeder will gesehen werden

Gestern durfte ich am Berner Bildungstag teilnehmen. Ein eindrücklicher Weiterbildungsanlass mit 6’000 Lehrpersonen in der Bieler Tissot-Arena.

Da ich noch nie dabei war und die Welt der Lehrpersonen nur von der politischen Behördenseite kenne, war ich sehr gespannt, was mich da unter dem Tagungsmotto „Menschenverstand“ erwarten würde.

Was ich erlebt habe, hat mich überzeugt: inhaltlich top, gute Präsentation, ansprechende musikalische Umrahmung mit dem James Gruntz Trio und drei fantastische Referenten: Prof. Dr. med. Joachim Bauer, Neurowissenschaftler, Arzt und Psychotherapeut; Kathrin Altwegg, Professorin für Weltraumforschung an der Universität Bern sowie Dennis Lück, Chief Creative Officer bei der Kommunikationsagentur Jung von Matt/Limmat und Werber des Jahres 2017.

Was Joachim Bauer aus den Neurowissenschaften erzählte, ist nicht nur für das Klassenzimmer relevant – Führungspersonen sollten sich die Erkenntnisse aus der Forschung unseres Gehirns genauso zu Herzen nehmen wie die Lehrpersonen.

Was der gesunde Menschenverstand schon längst weiss, wird auch durch Studien der Neurologie bewiesen: Jeder Mensch will gesehen werden!

Einerseits wird unser neuronales Motivations-/Belohnungssystem im Gehirn durch Bewegung, Sport und Musik stimuliert. Anderseits geschieht genau dies auch durch Gesehen-Werden, Akzeptanz und Freundlichkeit.

Die körpereigene Botenstoffe – unsere Glückshormone Dopamin, Opioide, Oxytozin – steigern unsere Motivation und Anstrengungsbereitschaft.

„Nimm mich wahr!“

Wir alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn man übergangen und übersehen wird. „Das fünfte Rad am Wagen“, sagt man. Irgendwie fühlt man sich unnütz, fehl am Platz, überflüssig. Frust oder gar Sinnkrise können die Folgen sein.

Das wünschen wir uns nicht. Und so soll es weder den Kindern in der Schule noch unseren Mitarbeitenden oder ganz allgemein unseren Mitmenschen gehen.

Was sind nun also die Merkmale von diesem „Gesehen-Werden“, das wir uns für uns selbst wünschen und bei anderen bewirken möchten?

Prof. Joachim Bauer hat in die volle Tissot-Arena folgende einfache Merkpunkte eingeworfen:

Im Blickfeld: Die Person des Kindes/des Jugendlichen

Wir sind nicht nur „Hirn“ oder Leistung – wir wollen als gesamte Person wahrgenommen werden. Und das gilt nicht nur für Kinder!

Sprache und Körpersprache der Lehrkraft

Wir wissen: Wir können nicht nicht kommunizieren (Watzlawick). Was wir sagen, nicht sagen oder tun, resp. nicht tun, erzeugt im Gegenüber Resonanz. Kommuniziert meine Körpersprache, dass dies hier kein guter Ort zum Sein ist, wird die Motivation im Klassenzimmer, am Arbeitsplatz, am Familientreff … nicht gerade einen Steigerungslauf hinlegen. (Bauer brauchte das Beispiel der Lehrperson, die während dem Dozieren ständig zum Fenster rausschaut und damit sagt: Eigentlich wäre da draussen jetzt der bessere Ort zum Sein.)

Angemessene Dosierung von Lob

Lob beflügelt uns – kann aber in Überdosis auch süchtig machen. Wir wollen ja nicht Leute abhängig von uns oder unserem Lob machen.

Beachtung der Gruppendynamik

Ob Arbeitsplatz, Familie, Verein oder eben Klasse – wir sind immer Teil von einem System und stehen vor der Herausforderung, dass in diesem System jeder seinen Platz findet und nicht übergangen wird.

Die Kunst wertschätzender Kritik

Das ist wahrlich eine Kunst. Wahrscheinlich hat sie mit unserem Selbstverständnis als Lehr-/Führungsperson zu tun: Verstehe ich mich als Polizist oder als Förderer?

Verzicht auf Beschämung, Blossstellung oder Lächerlich-Machen 

Wie schnell belustigt man sich – auch als Führungsperson und in einer Vorbildfunktion – auf Kosten anderer?
Geht gar nicht! Wir wissen nicht, hinter welchem Mitlachen eine verwundete Seele weint.
Noch schlimmer als nicht gesehen zu werden, ist es wohl, wenn wir als Mobbingopfer abgestraft und zur allgemeinen Belustigung beschämt, blossgestellt und beschimpft werden.

Glücksaufgabe

Ganz ehrlich: Fühlst du dich im Moment gesehen? Oder übergangen?

Falls du dich übersehen fühlst: Wie kannst du diesen Zustand ändern? Wie bringst du dich selbst zur Wirkung? Wo machst du dich unnötig „unsichtbar“?

Und was tust du, um anderen das Gefühl von „Ich werde gesehen!“ zu verleihen? In welchem der vorgestellten Merkmalen willst du dich konkret verbessern?

Schwierige Gespräche führen

Im letzten Blogartikel schrieb ich über die sehr interessante Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“ im Stapferhaus Lenzburg und schloss den Artikel mit dem Gedanken, dass wir den schwierigen Gesprächen nicht aus dem Weg gehen sollten.

Das schreibt sich so einfach. Hand aufs Herz: Wie gut bist du darin, die schwierigen Gespräche wirklich zu führen? Öfter als mir lieb ist, mache ich erstmal einen Bogen um solche Gespräche: Da ist eine unbefriedigende Situation, die eigentlich angesprochen werden sollte, aber da gibt es so einiges, das mich hindert, diese Gespräche zu führen.

Was, wenn ich die richtigen Worte nicht finde?

Was, wenn mir meine Emotionen einen Strich durch die Rechnung machen?

Was, wenn mich mein Gegenüber nicht versteht?

Was, wenn durch das Gespräch mehr Geschirr zerschlagen wird, als dass es zur Klärung führt?

Was, wenn durch das Gespräch Beziehungen in Brüche gehen?

Doch oft sind eben gerade diese schwierigen Gespräche auch nötige Gespräche. Darum machen wir besser keinen Bogen um sie.

Am Global Leadership Summit diesen Summer sagte es Sheila Heen so: „The difficult conversations in our lives are often the most important conversations in our lives.“ (Die schwierigen Gespräche in unserem Leben sind oft die wichtigsten Gespräche in unserem Leben.)

Zum Glück unterstrich sie nicht nur die Wichtigkeit solcher Gespräche, sondern gab uns auch einige Hilfestellungen dazu, wie wir in diese Gespräche gehen können.

Alles steht Kopf

Die besondere Herausforderung schwieriger Gespräche ist ja selten die Sachebene: Da gibt es Argumente, die sachlich besprochen werden und wir im Verlauf des Gespräches hoffentlich eine Einigung finden können (Selbst wenn die einzige Einigung ist, dass wir uns in dieser Sache nicht einig sind.).

Wirklich schwierig sind unsere Gespräche hinter den Gesprächen – die Gedankenspiele in unserem Kopf. Wunderbar veranschaulicht hat uns diese die Filmindustrie mit dem Animationsfilm Alles steht Kopf.

In Konfliktsituationen drehen sich unsere Gedanken oft um Fragen wie diese:

Wer hat Recht?

Wessen Fehler ist es?

Was motiviert den anderen? (Was ist sein Antrieb?)

Und je frustrierter wir über eine Person sind, umso negativer spielen wir die Story in unserem Kopf durch.

Eine erste Hilfe wird da sein: Wir können unsere Gefühle nicht an der Garderobe abgeben. Selbst im beruflichen Umfeld nicht und schon gar nicht in der Partnerschaft und im Familienleben.

Es bringt also nichts, wenn wir die Beziehungs– und Emotions-Ebenen ausblenden. Im Gegenteil! Gefragt ist ein transparenter Umgang damit, das Ansprechen von Gefühlen und das Eingeständnis, dass möglicherweise eine weitergehende Konversation nötig ist. Wir können die Angelegenheit nicht mit einer kurzen Besprechung abhacken.

Sheila Heen ermutigte mit ihrem Referat, die verborgene Ebene im gemeinsamen Gespräch ans Licht zu bringen. Und zwar in dem wir die obigen Fragen aus unserem persönlichen Gedankenspiel ins Gespräch bringen:

Wer hat Recht?
-> Gespräch über die Frage: „Was denken wir beide, um was es hier geht?“

Wessen Fehler ist es?
-> Gespräch über die Frage: „Was haben wir beide zur Situation beigetragen?“

Was motiviert den anderen?
-> Gespräch über die Frage: „Was wollen wir (gemeinsam) bewirken?“

Zu oft sind unsere Gespräche eigentlich zwei unterschiedliche Konversationen: Zwei Themen, zwei Sprecher, null Zuhörer.

Lass uns das ändern!

Glücksaufgabe

Nein, das Führen von schwierigen Gesprächen ist nicht gerade eine Glücksaktivität. Doch wenn wir einen Bogen um diese Gespräche machen, wird sich unser Glücksniveau auch nicht steigern.

Glücksgefühle machen sich breit, wenn wir uns den schwierigen Gesprächen stellen und diese konstruktiv führen konnten.

Welches Gespräch solltest du noch vor Jahresende führen?
Und wie willst du es angehen?

 

Ab dieser Woche wird mein GlücksBlog nicht mehr wöchentlich sondern ca. 14täglich erscheinen.

Macht lügen glücklich?

Gestern durfte ich im Rahmen einer Kommissionsreise die faszinierende Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“ im Stapferhaus Lenzburg besuchen.

Um es kurz zu machen: Ich kann einen Besuch nur empfehlen!

Warum?

Es ist eine spielerische, unterhaltsame, intelligente und interaktive Auseinandersetzung mit einem wichtigen Thema, das uns alle angeht: Unser Umgang mit der Wahrheit oder eben unser „Spiel mit der Lüge“ im Alltag.

Witzig war es, als Gruppe im Wettstreit gegeneinander Newsbeiträge als „fake“ oder als „wahr“ einzustufen. Gar nicht so einfach … Hört uns jetzt Facebook wirklich via Handymikrofon ab? Alles nur Käse oder stimmt die Schlagzeile „Käse-Desaster“ wirklich?

Richtig spannend fand ich die „Zentrale Lügenanlaufstelle“. Den Besuchern werden „wahre Lügengeschichten“ erzählt, also Geschichten, in denen Personen vor der Herausforderung standen: Lüge ich oder bleibe ich bei der Wahrheit?

Danach war es an jedem persönlich seine Einschätzung von der Lüge zu machen: „war notwendig“ bis „geht gar nicht“ oder gar „tödlich“.

Unsere Moderatorin brachte uns als Gruppe geschickt ins Gespräch über unsere persönliche Einschätzung zu den einzelnen Lügengeschichten. Ist es legitim einer Sterbenden etwas zu versprechen, dass man nie wird einhalten können? Wenn man im Ausgang Lügengeschichten über sich selbst erzählt – ist das spielerische Fantasie oder einfach dreist? Wie soll sich ein Sanspapier verhalten, wenn er während der Schwarzarbeit kontrolliert wird?

Einige Geschichten, die uns da aufgetischt wurden, waren amüsant, andere erzählten von einer persönlichen Not. Wie verhält sich eine Person mit einer bipolaren Störung im Bewerbungsprozess? Wird das psychische Leiden verschwiegen, weil andernfalls die Chance auf einen Job gegen null sinkt?

Ich liebte diese Diskussion als Gruppe. Jeder versucht auf seine Art Antworten auf diese nicht einfachen Fragen zu finden und die unterschiedlichen Begründungen verraten etwas von unseren Prägungen und unserer Haltung. Sehr bereichernd.

Wann ist lügen erlaubt?

Im Grundsatz ist meine Einstellung zur Lüge klar: Lügen geht gar nicht. Wenn ich merke, dass mich jemand anlügt, ist das mitunter der grösste Vertrauensbruch. So bin ich selbst aufgewachsen, so erleben mich nun auch meine Kinder: Wenn ich angelogen werde, hört der Spass auf.

Aber ganz so einfach ist es dann eben doch nicht: Was ist mit Halbwahrheiten? Notlügen? „Anstandslügen“ um den anderen nicht blosszustellen?

Ich tendiere dazu: Lüge ist Lüge.

Die FAKE-Ausstellung ist so aufgebaut, dass man ausgerüstet mit Besucherausweis Einblick in das „Amt für die ganze Wahrheit“ erhält. Und genau dieser Punkt fordert mich bei diesem Thema am meisten heraus: Ist es auch gelogen, wenn ich nicht alles – nicht die ganze Wahrheit – erzähle? Ich sage schon die Wahrheit, aber eben nicht die ganze.

Konkrete Situation: Ich habe einem Freund oder Mitarbeitenden ein Nein zu übermitteln. Muss ich ihm all meine Beweggründe offen legen, auch wenn ihn dies vermutlich sehr verletzen wird und das Potenzial hat, unsere Beziehung zu zerstören?

Hat Transparenz dort ihre Grenze, wo wir vermuten, dass unser Gegenüber mit diesen Informationen nicht umgehen kann? Oder beginnt nicht genau dort die Bevormundung unseres Gegenübers?

Aus meinen bisherigen Erfahrungen und Überlegungen sind das komplexe Fragen, die wir gar nicht so einfach beantworten können.

Wichtig scheint mir, dass wir diesen Fragen und vor allem den dazugehörenden schwierigen Gesprächen nicht aus dem Weg gehen.

Glücksaufgabe

Haben mich Lügen in meinem Leben glücklich gemacht? Wo werde ich immer mal wieder Opfer von Selbstlügen, die ich glaube?

Lügen sind vielleicht kurzfristig ein bequemerer Weg. Aber was ist der Lohn der Lüge – zum Beispiel wenn ich im Bewerbungsgespräch etwas vorgaukle?

Nutze deinen Einfluss zum Guten!

Nachdem ich gerade den Wikipedia-Eintrag über Strive Masiyiwa gelesen habe, bin ich ziemlich platt. Dieser Mann ist krass: Er ist ein simbabwischer Geschäftsmann, Unternehmer und Philanthrop. Miliardenschwer. Wurde von Barack Obama als Berater an einen G8-Gipfel gerufen, gewährte 100.000 jungen Afrikanern Stipendien, unterstützt über 250.000 Waisen mit Bildungsinitiativen …

Der Gründer und Vorsitzender des globalen Telekommunikationskonzerns Econet Wireless träumte davon, dass in Simbabwe und überhaupt in Afrika alle Zugang zur Telekommunikation erhalten würden. Seine Vision brachte ihm viel Spott und Widerstand: Die simbabwische Regierung von Robert Mugabe verweigerte ihm die Lizenz.

Doch er gab nicht auf und verfolgte seinen Traum mit viel Durchhaltewille (Grit):

Masiyiwa appellierte an das Verfassungsgericht von Simbabwe mit der Begründung, dass die Weigerung eine Verletzung der Meinungsfreiheit darstelle. Der simbabwische Gerichtshof, damals einer der angesehensten auf dem Kontinent, entschied nach einem fünfjährigen Rechtsstreit, der ihn an den Rand des Bankrotts brachte, zu seinen Gunsten. Das Urteil, das zur Abschaffung des staatlichen Telekommunikationsmonopols führte, gilt als einer der wichtigsten Meilensteine ​​bei der Öffnung des afrikanischen Telekommunikationssektors für privates Kapital. Der erste Mobiltelefon-Abonnent des Unternehmens wurde 1998 an das neue Netzwerk angeschlossen. (Quelle: Wikipedia)

Warum schreib ich das alles? Strive Masiyiwa war einer der Talk-Gäste am diesjährigen GLS. Ein kleiner, ruhiger, demütiger, fast scheuer Mann. Ja, neben dem schon äusserlich sehr eindrücklichen T.D. Jakes ging er fast unter.

Man musste gute auf die leisen Töne achten, um die bestechende Weisheit dieses Mannes nicht zu überhören.

Diese Begegnung zeigt mir: Es sind nicht die grossen Sprücheklopfer, die die Welt zum Besseren verändern. Was dieser unscheinbare Mann im Kampf für mehr Gerechtigkeit auf seinem Kontinent bewirkte, ist sehr eindrücklich.

Natürlich, sein Traum hat ihm schlussendlich auch sehr viel Geld gebracht. Er ist nicht nur einer der „World’s 50 Greatest Leaders“ (Fortune Magazine), er gehört auch zum Klub der Milliardären.

Ich freue mich, wenn solch demütige Persönlichkeiten ihren Reichtum nicht einfach selbstsüchtig verwenden, sondern so viel Gutes damit machen.

Und hier einige Perlen, die ich mir aus dem Interview mit Strive Masiyiwa notiert habe:

Mentoring ist toll, aber du musst es Modellieren.
Leute folgen dem Beispiel, das sie sehen!

Darum werden beim GLS unter dem Motto „Grander Vision“ immer auch Beispiele gezeigt, wie wir Einfluss positiv ausleben können: Jemand erfindet günstige Wasserpumpen und bringt Trinkwasser an abgelegene Orte. Einer bringt eine grosse Firma dazu, pro verkaufte Impfung eine in Afrika zu spenden.

Beispiele, die inspirieren. Wo sollten wir als Leiter weniger reden und mehr vorleben? Es braucht beides! Aber ohne Taten ist unser Reden nicht viel wert.

Und zum Reden sagt der, der die Mobiltelefone nach Afrika gebracht hat, es gehe um „Art of Speach not Art of Texting!“. Also die Kunst des Sprechens und nicht die Kunst der SMS.

Reden wir wieder miteinander! Wir müssen miteinander verbunden sein – wir als Menschen, nicht unsere Geräte.

Es geht darum, was aus unserem Herzen kommt.

Wir brauchen ein Team. Leute, die an dich „glauben“, dich aber auch hinterfragen. Ein Team, das zusammengeht!

Was wir nicht gerne hören, aber mindestens ich immer wieder erlebe:

Alles braucht länger als wir denken.

Und am Ende des Interviews steht in meinen Notizen nur ein Wort. Wahrscheinlich ist genau dies ein Schlüssel des Erfolgs von Strive Masiyiwa:

Respekt.

Glücksaufgabe

Welche oben erwähnte Perle spricht dich besonders an?

Wie kannst du sie (noch stärker) in dein Leben und Leiten integrieren?

Lebe unverschämt! – Sage „NEIN!“

Anfangs Woche hatte ich eine Teamsitzung um die nächste gms Matinée vorzubereiten. Bereits vor Monaten haben wir festgelegt, dass in unserer Serie „FULLDRIVE – aus dem Vollen schöpfen“ im September das Thema des Morgens „Unverschämt glauben“ lauten soll.

Ich fand die Idee von Anfang an toll. Doch mein Team war sich irgendwie unsicher: „Unverschämt? – ist das nicht zu negativ geprägt?“

Mit was verbinden wir denn unverschämt? Freche Jugendliche? Sich auf Kosten von anderen bereichern? Respektlos? – Natürlich ist das nicht das, was ich mit „unverschämt glauben“ verbinden möchte …

Nun, ich gebe zu, auch das Google Wörterbuch ist nicht auf meiner Seite:

Wir fanden dann im Verlauf der Kreativ-Sitzung den Kern, auf den wir hinaus wollen: Wir wollen einem angepassten Lebensstil den unverschämten Lebensstil gegenüberstellen.

Angepasste gibt es genug! Sei unverschämt, sei dich selbst!

Dazu forderte uns auch die dritte Sprecherin des GLS18 heraus: In der Gesellschaft und am Arbeitsplatz gibt es so viele die in Konformität leben, sich also angepasst verhalten.

Juliet Funt, CEO von WhiteSpace, beobachtet in vielen Firmen eine gewisse Trägheit: Keiner ändert sich, bis sich alle ändern und sich so doch wieder niemand verändert.

Die Erklärung davon: Die Macht des Gruppendrucks.

Um dies zu veranschaulichen, brachte Juliet Funt folgenden Videoclip mit auf die GLS-Bühne:

Auf dem Weg zu mehr Einfachheit im Alltag und im Unternehmen, kommt uns diese menschliche Verhaltensweisen in die Quere. Der Gruppendruck führt zu einer gefährlichen Angepasstheit.

Laut WhiteSpace ist rund die Hälfte von dem, was uns am Arbeitsplatz stört, unser eigener Fehler. Das ändert sich erst, wenn wir uns und das System hinterfragen. Eine kleine, sichere, „unverschämte“ (unerwartete, unangepasste) Handlung bringt vieles in Bewegung.

„NEIN!“-sagen lernen

Funt: „Everyone says yes because no one knows how to say no.“ („Jeder sagt ja, weil niemand weiss, wie man nein sagt.“)

Angepasste sagen ja, wenn es von ihnen erwartet wird. Unverschämte sagen auch einmal nein.

Als Führungsperson ist es praktisch, Leute zu haben, die immer anständig mit dem Kopf nicken und tun, was man von ihnen wünscht. Doch als Chef sollten wir uns einmal überlegen: Was für Mitarbeitende will ich eigentlich? Angepasste oder unverschämte? (Natürlich geht das jetzt nur, wenn wir das Wort „unverschämt“ positiv füllen. Auch ich will keinen respektlosen, selbstsüchtigen und verletzenden Mitarbeiter.)

Aber ich wünsche mir Leute in meinem Umfeld, die sich gewohnt sind, selber zu denken. Die eine ehrliche Antwort geben – und nicht die Antwort, die zwar gut tönt, aber nicht authentisch ist.

Das heisst für uns als Führungsperson: Sei kein Kontrollfreak! Lerne loszulassen! Lerne zu delegieren – nicht nur an deine Topleute! Sondern auch an Leute, die du entwickeln willst – denn das sind deine zukünftigen Topleute!

Und wie lernen wir jetzt NEIN zu sagen?

Bist du eine Führungskraft? Dann sorge dafür, dass in deinem Team, deiner Organisation, eine Kultur herrscht, in dem Nein gesagt werden darf. Dies kannst du zum Beispiel, in dem du einem Mitarbeitenden, der Nein sagt, erwiderst: „Danke für deine Offenheit/Direktheit.“

Was ich versuche: Wenn ich nein sagen muss, bemühe ich mich, dem Fragenden eine Alternative anzubieten. „Ich kann dir nicht helfen, aber schau doch mal dort …“.

Wenn du nicht direkt nein sagen kannst – oder auch noch nicht weisst, ob deine Antwort ein Ja oder ein Nein sein soll – dann bitte um Bedenkzeit.

Wenn du zusagst, kannst du auch gleich sagen, dass du diese Arbeit jedoch in Zukunft nicht immer übernehmen kannst.

Falls dein Nein aus zeitlichen Gründen ist, biete einen späteren Zeitpunkt an.

Ganz schön finde ich diesen WhiteSpace-Tipp: “I have something on my calendar.” (Make sure you write the actual word “Something” on your calendar in spare moments so you can be honest when you use this phrase.)

Wenn es dir schwer fällt, nein zu sagen, dann übe es. Vielleicht bei Freunden oder in der Familie. Du kannst sogar um Hilfe bitten, damit sie dich beim Nein-sagen unterstützen.

Den schönsten Satz sparte sich Juliet Funt für den Schluss auf: „Legacy is a story that has yet to be written, but you hold the pen.“ („Vermächtnis ist eine Geschichte, die noch geschrieben werden muss, aber du hältst den Stift.“)

Glücksaufgabe

Welches Vermächtnis willst du hinterlassen? Was schreibst du für eine Geschichte mit dem Stift in deiner Hand? Ein angepasstes Leben? Oder bist du unverschämt unterwegs?

Wie kannst du respektvoll NEIN sagen und dein Leben leben?

Trump, Schläpfer und die Ehe für alle

Der Andersdenkende ist kein Idiot,
er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert.

Paul Watzlawick 

Die letzten zehn Tage lieferten wunderbares Anschauungsmaterial über den Zustand unserer Diskussions- und Streitkultur. Völlig verschiedene Themen, selbes Phänomen: Während einige wenige um eine sachliche, differenzierte Sichtweise bemüht sind, schiessen viele andere einen giftigen Pfeil nach dem anderen los, um entweder den eigenen Standpunkt lauthals klar zu machen oder um bewusst „den Feind“ empfindlich zu treffen.

In der direkten, persönlichen Begegnung mit dem Andersdenkenden gehen die Wogen in der Regel nicht ganz hoch – soviel Anstand ist uns noch geblieben. Es ist für viele auch eine (gesunde) Hemmschwelle, jemandem, der uns gegenüber sitzt, den wir persönlich kennen gelernt haben und mit dem uns vielleicht sogar eine Freundschaft verbindet, ehrverletzende Giftpfeile ins Gesicht abzufeuern.

Anders ist das in den Begegnungen in der digitalen Welt. Getarnt hinter dem sicheren Bildschirm, ausgerüstet mit der kraftvollen Tastatur wird der Mensch zum Tier. In E-Mails wurden mir schon Dinge zugemutet, die hätte mir der Absender in einem persönlichen Gespräch niemals an den Kopf geworfen.

Doch das war gestern, heute sind wir noch einen Schritt weiter: Debattiert wird heute auf Facebook. Und da verlieren einige nette Zeitgenossen tatsächlich hin und wieder jeden Sinn für Anstand. Man vergisst scheinbar, dass das, was man gerade in die Tastatur hämmert, nicht nur auf dem eigenen Bildschirm wiedergegeben wird, sondern häufig rund um den Globus „bestaunt“ werden kann.

Je anonymer umso besser: Während man auf Facebook noch mit seinem Namen für seine Meinungsbekundungen hinstehen muss, gibts in den Online-Kommentaren kein Halten mehr: Jede und jeder kann da unter einem Pseudonym seinen Frust loswerden und den Andersdenkenden verunglimpfen.

Wären Facebook und Online-Kommentare eine Art Klagemauer, an denen man Wahlniederlagen, Entlassungen oder andere Meinungen bedauern würde, könnten sie vielleicht sogar eine reinigende Wirkung haben – wie ein Gewitter nach einem Hitzetag.

Doch so scheint es mir selten zu sein. In der Regel arten die Äusserungen in regelrechte Grabenkämpfe aus und jeder Blitz dieses Gewitters ist ein Schlag ins Gesicht des Andersdenkenden. Geschrieben ist schnell, manchmal schneller als reflektierte Gedanken möglich sind, ein Blitz folgt auf den nächsten.

Wir haben immer eine Meinung, zu allem. Und einige müssen diese auch immer unaufgefordert loswerden – und schon wird wieder etwas in die Tastatur gehämmert, was wenig respektvoll, dafür sehr verletzend für unsere Mitmenschen ist.

„Ich habe mir dazu noch keine Meinung gebildet, aber rufen sie mich in 10 Tagen wieder an“, so würde Bill Hybels hin und wieder Journalistenanfragen beantworten, hat er kürzlich gesagt. Wenn sich ein so einflussreicher Leiter einer globalen Bewegung leisten kann, nicht zu allem eine Meinung zu haben (oder mindestens keine Meinung, die er öffentlich bekunden muss), sollten vielleicht auch wir lieber einmal weniger als einmal zu viel eine Meinung haben, die wir unreflektiert in die Welt hinausposaunen.

Möglicherweise würden nun doch einige noch gerne wissen, was ich zu Trump, Schläpfer und die Ehe für alle denke. Nur so viel: Die Erfahrung der letzten Woche, aber auch meine Erfahrung über die letzten Jahre, zeigt mir, dass Andersdenkende tatsächlich nicht unbedingt Idioten sein müssen. Man kann aus guten Gründen zu einer differenzierten, unterschiedlichen Ansicht kommen. Und: Man kann sogar durch Nachdenken seine Meinung verändern und weiterentwickeln. Ist erlaubt, hat mir selbst schon geholfen!

Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die lernt, andere Meinungen auszuhalten. Ich muss das selbst aber noch etwas üben …

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich Gesellschaft“.

 

"Mach dich verletzlich!"

Be courageous. Be vulnerable. –
Sei mutig. Sei verletzlich.
Brené Brown (am Global Leadership Summit 2015)

Das braucht schon etwas Mut: Vor tausenden von handlungsorientierten, erfolgshungrigen Leaders zu stehen und zu sagen „Mach dich verletzlich!“. Dann noch von einer Frau (da Frauen auf Führungsebene immer noch massiv untervertreten sind, müssen sie sich leider zuerst behaupten, bevor man(n!) ihnen lernwillig zuhört).

Auf jeden Fall hatte am Leadership Summit Dr. Brené Brown genau diesen Mut und war auch bereit, sich verletzlich zu machen. Zum Glück! Was für eine Botschaft für Menschen, die etwas bewegen wollen, grosse Träume haben, ihre Visionen in Teilziele einteilen und sich gewohnt sind, handfeste Strategien zu entwickeln. Leadership ist mehr als bloss ein paar Managementtechniken anzuwenden. Managen können wir Finanzen und Maschinen – aber nicht Menschen.

Brené Brown sagte: „Wir wollen mehr Liebe, Intimität, Zugehörigkeit und Freude. Der Weg dazu geht über Verletzlichkeit.“ Diese menschlichen Grundbedürfnisse, die Sehnsucht geliebt und angenommen zu sein, sind bestimmt nicht dort zu finden, wo wir zwischen uns und unseren Mitmenschen eine Mauer aufbauen. Geben wir uns distanziert, oberflächlich und stets kontrolliert, wird die Intimität in einer Partnerschaft ab- und nicht zunehmen.

Doch diese Tatsache ist nicht nur auf unser Liebes- und Familienleben beschränkt. Sie zählt ganz allgemein für unseren Umgang mit Menschen – auch als Chef. Die allermeisten Menschen suchen nach Nähe, Zuneigung und einem Ort, wo sie dazugehören. Und dies werden wir erst erfahren, wenn wir uns öffnen und uns daher auch verletzlich machen.

Wie viele unnahbare Chefs kennen wir? Nur weil in der ganzen Firma alle per Du sind (weil das mal an einem Motivationsseminar so aufgezwungen wurde), heisst das noch nicht, dass eine Kultur der Zugehörigkeit, Wertschätzung und ja, sogar eine Kultur der Liebe herrscht (der Unterschied von einem guten zu einem Spitzenteam macht der Umgang miteinander, die gegenseitige Liebe, aus!). Es braucht echte Leaders, um eine solche Kultur aufzubauen. Menschen, die nicht Offenheit diktieren, sondern leben! Menschen, die bereit sind, zu scheitern – und auch dazu zu stehen. Menschen, die den Mut haben, sich auch von einer verletzlichen Seite zu zeigen.

Und dazu gehört auch, dass wir uns in Konfliktsituationen nicht einfach zurückziehen. Wie oft hat mir mein Bauchgefühl gesagt, dass etwas nicht stimmt. Und wie selten habe ich die Situation wirklich angesprochen. Ich wollte die Wahrheit im Grunde gar nicht wissen. Aus Angst vor Ablehnung, blieb ich lieber in der Ungewissheit.

Aber genau das ist eine grosse Gefahr. Brené Brown zeigte an Hand einer persönlichen Geschichte aus ihrem Ehe- und Familienalltag auf, dass wir dazu neigen, die fehlende Stücke einer Story selbst zusammenzubasteln. Sprich: Da gibt es eine irritierende Situation im zwischenmenschlichen Bereich und ohne nachzufragen fertigen wir unsere eigene Version der Geschichte zusammen. Unser Hirn glaubt zu wissen, warum der andere jetzt gerade so gehandelt hat. Doch unser Hirn kann leider nicht ins Hirn des anderen gucken und so passiert, was in den meisten Konflikten geschieht: Durch Fehlinterpretation eines Verhaltens fühlen wir uns zurückgewiesen, ziehen uns danach selbst zurück und statt mehr Intimität wächst eine Distanz zwischen uns.

Darum: Die Liebe gewinnt, wenn wir den Mut haben, uns verletzlich zu machen. Uns selber reflektieren, unsere Emotionen klären, einen Schritt auf den anderen zu gehen und Unangenehmes anpacken und so eine neue Kultur in unserer Partnerschaft, Familie, Organisation und Firma implementieren.

KONKRET

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.

Glück in der Liebe

Bei einer/m Anderen wächst das Gras nicht grüner.
Das Gras ist dort grüner, wo du giesst.
Shauna Niequist

Der Mythos hält sich hartnäckig: Was das Glück in der Liebe angeht, sind wir gnadenlos dem Zufall und den Schmetterlingen, die mal in diese und dann wieder in die andere Richtung fliegen, ausgeliefert. Und das führt dann zur verherenden Schlussfolgerung: Meine (Verliebtheits-)Gefühle bestimmen mein (Liebes-)Verhalten.

Genau in die gegenteilige Richtung zielt das obige Zitat: Nein, bei einer anderen Frau, bei einem anderen Mann, wächst das Gras auch nicht grüner – sprich: auch dort entspricht nicht einfach alles meinen Idealbildern, oder besser: Illusionen. Das Gras ist dort grüner, wo wir giessen – sprich: wir sind nicht einfach machtlos unseren Gefühlen ausgeliefert, sondern wir können unsere Gefühle beeinflussen, indem wir uns überlegen, wo wir uns investieren.

Wo ich Gedanken, Zeit und Energie investiere, wächst eine innere Verbundenheit. Und da stellt sich natürlich die Frage: Wo fliessen all meine Gedanken und meine Energie hin? Wer oder was steht da in Konkurrenz zu meiner Frau?

Darum: Wenn ich hier von Glück in der Liebe schreibe, geht es nicht ums Zufallsglück (engl. Luck), sondern um Glück im Sinn von Zufriedenheit (engl. Happiness).

Investition Nr. 1: Unsere Kommunikation

Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir in das Glück unserer Liebe investieren können. Gemeinsam ist den verschiedenen Varianten, dass sie alle ein Mindestmass unserer Aufmerksamkeit, unserer Gedanken, Energie und Zeit erfordern.

Aus meiner Sicht ist der (Un)Glücksförderer Nr.1 in den meisten Partnerschaften die Kommunikation. Worte können so viel anrichten – positiv wie negativ! Während uns die positive Kommunikation in der Verliebtheitsphase regelrecht zum Aufblühen treibt, droht unsere Liebe in der knappen Alltagskommunikation einzugehen. Woher hatten wir in der Verliebtheitsphase nur all diese Zeit und Energie? Hatte es wohl einfach mit der Neugier und dem Interessen am Gegenüber zu tun?

Wenn ja, dann gilt es, auch nach Jahrzehnten Ehe/Partnerschaft, das Interesse am Partner hochzuhalten. Wie kann das gelingen?

Eine wertvolle Hilfe finde ich das folgende Kommunikationsmodell. Und zwar ist es eine Weiterführung der Idee des aktiven Zuhörens. Im Wesentlich geht es darum, wie wir reagieren, wenn uns unser Partner etwas mitteilt. Martin Seligman schreibt dazu in seinem Buch Flourish: „Es gibt vier grundlegende Arten zu reagieren, von denen nur eine Art eine Beziehung aufbaut.“

Bestimmt haben Sie sofort herausgefunden, welche der vier Reaktionsmöglichkeiten die aufbauende ist. Und welche Form wählen Sie gewöhnlich in der Kommunikation mit Ihrem Partner oder mit Ihren Kindern? Bei mir ist es leider viel zu oft die „passiv-konstruktive Art“. Ich bin mit vielem Anderem beschäftigt und nehme mein Gegenüber bloss zur Kenntnis, statt dass ich durch konkretes Nachfragen aktiv Anteil nehme und meiner Frau damit Wertschätzung gebe und sie ermutige.

Glück in der Liebe ist kein Zufall. Unsere Zufriedenheit in der Liebe hängt in starkem Mass mit unserer Investition in die Beziehung zusammen!

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

  • Welche Investitionen in Ihre Partnerschaft planen Sie für die kommenden Monate? Hier drei entsprechende Veranstaltugnstipps:
    – „Z’Morge für Paare“ im Rahmen der Marriage Week:
    Sa, 31. Januar 2015 in Studen
    Timeout-Weekend für Paare:
    11. + 12. April 2015 im Zentrum Ländli
    – Relax-Wochenende für Paare:
    19. – 21. Juni 2015 im Zentrum Ländli
  • Weitere Artikel zur Paar-Kommunikation.
  • Buchtipp: Der Glücks-Faktor sowie Flourish von Martin Seligman.

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Liebe“.