Was Freunde auszeichnet

Freundschaften sind etwas Schönes.

Wir sind für die Gemeinschaft geschaffen und dass das Unterwegssein mit Mitmenschen ein sehr wichtiger Glücksfaktor ist, sehen wir in dieser Woche bei der Aktion 7 Wochen für mein Glück während wir uns mit dem Lebensbereich „Reiches Sozialleben“ beschäftigen.

Freundschaften sind aber etwas sehr Zerbrechliches. Jeder von uns hat schon den Schmerz von zerbrochenen Freundschaften erlebt.

Vor vielen Jahren habe ich bei Willow Creek (u.a. im Buch „Gemeinschaft, die Leben verändert“ von Bill Donahue) folgende Kennzeichen echter Gemeinschaft kennen gelernt. Für mich sind es auch die Punkte, die mir in einer Freundschaft wichtig sind:

  1. Kennen + gekannt werden => Offenheit
    Freundschaften sind gelebte Gemeinschaft auf Augenhöhe, gleichwertige Beziehungen, ein Geben und Nehmen. Da interessiert sich der Andere wirklich für mich und meine Situation! Das „Wie geht’s?“ zur Begrüßung ist hier nicht bloß eine Floskel. Ich will tatsächlich wissen, was meinen Freund gerade beschäftigt.
  2. Lieben + geliebt werden => sich um einander kümmern
    Freunde wissen nicht nur, wie es dem anderen geht, sie zeigen auch Mitgefühl.
    Wie schön ist es, wenn sich ein Freund an unseren wichtigen Geschäftstermin erinnert und abends anruft, nur um zu fragen, wie es uns ergangen ist?! Die ehrliche Anteilnahme eines Freundes ist für mich definitiv ein Glücksfaktor. Zu spüren, dass er in einer schwierigen Zeit der Entscheidung gemeinsam mit mir um Klarheit ringt, tut einfach gut. Und anderseits „kümmert es mich“, wie es meinem Freund mit seiner langwierigen Verletzung geht.
  3. Dienen + sich dienen lassen => Demut 
    In guten Freundschaften wird Liebe praktisch. Ob die kleine Handreiche mitten im Alltag, der spontane Besuch am Arbeitsplatz oder die Bereitschaft, im Notfall die eigenen Pläne sausen zu lassen, um umgehend zur Stelle sein zu können – das alles ist Ausdruck von tätiger Liebe und Demut.
    Auch hier geht es um ein gesundes Gleichgewicht: Einmal bin ich in der dienenden Rolle, beim nächsten Mal erlebe ich, wie mein Freund mir zu dient.
  4. Ermahnen + ermahnt werden => Wahrheit sagen
    Ermutigende Gemeinschaft macht auch vor schwierigen Themen nicht Halt. Zugegebenermaßen ist dieser Punkt eine ständige Herausforderung, weil wir ja selbst in einer Paarbeziehung die heiklen Themen ganz gerne weiträumig umschiffen. Als wir mit Freunden in den Ferien waren, standen wir genau vor dieser Herausforderung: Wie sprechen wir die offensichtlich haarsträubende Ehekommunikation unserer Freunde an? Nichts sagen macht die Situation zwar nicht besser, aber es wäre der bequemere Weg.
    Freundschaften zeichnen sich auch dadurch aus, dass wir vor den schwierigen Themen nicht die Augen verschließen.
  5. Feiern + gefeiert werden => Bestätigung
    Und zu guter Letzt werden unter Freunden nicht nur die Geburtstage gefeiert. Wir freuen uns an den Erfolgen unserer Freunde mit. Wie schön ist es, zu erleben, wie besagtes Paar ihre Ehekrise hinter sich gelassen hat?! Und wie schön ist es, als Freund sagen zu können: „Hey, ich freu mich mit euch, dass ihr es wieder gut zusammen habt!“?

Gerade dieser letzte Punkt des einander Feierns wünschte ich mir noch viel stärker zu erleben. Das kollektive Mitfreuen mit einem Sieg von Roger Federer scheint mir viel verbreiteter zu sein, als das Feiern eines Freundes, der gerade eine wichtige Entscheidung in seinem Leben getroffen hat oder einen beruflichen Meilenstein geschafft hat. Nutze die nächstbeste Gelegenheit!

Glücksaufgabe

Gerade ist es nicht so einfach, neue Leute kennen zu lernen. Doch wie steht es um deine bestehenden Freundschaften? Welche der obgenannten Kennzeichen sind Teil dieser Freundschaft? Und ist es ein Geben und Nehmen?

Von fantastisch bis fanatisch

Was vermisst du gerade am meisten?

Ich würde gerne wieder einmal einen Hockey-Match besuchen. Vielleicht sogar mit einem gemütlichen Fondue unter Freunden im Voraus, dann die Stimmung in der vollen Tissot Arena geniessen, einem spannenden Spiel zuschauen und hoffen, dass Janis Moser mal wieder ein Geniestreich gelingt und „meine Mannschaft“ zum Sieg führt.

Ist das Spiel umkämpft, gehen auch die Emotionen hoch. Das gehört irgendwie dazu. Die Spannung geniesse ich, doch für mich gibt es auch Grenzen: Das eigene Team unterstützen ja, den Gegner anfeinden nein.

In einer aufgeladenen Stimmung stimmt man natürlich schneller als einem lieb ist mit in den Fangesang ein und provoziert den Gegner – wie damals, als der Berner Goali Renato Tosio nach einer Fan-Provokation im ehrwürdigen Bieler Eisstadion zu kochen begann, sich umdrehte und der gesamten Fankurve den Stinkefinger zeigte.

Was passiert, wenn sich ein Leader wie Tosio provozieren lässt und mit einer solchen Geste Öl ins Feuer giesst, kann man sich leicht ausmalen.

Oft bleibt es im Sportstadion und auch sonst im Leben – oder auf Social Media – zum Glück bei verbalen Entgleisungen. Wobei auch diese unter Umständen tiefe Spuren der Verletzung anrichten können.

Wenn aber verbale Provokationen zu Vandalismus und physischer Gewalt ausufert, ist der Schaden definitiv angerichtet.

Ist es noch ein Genuss, wenn Fangruppen durch eine Hundertschaft von Polizisten in Vollmontur voneinander getrennt werden müssen?

Ich liebe ein fantastisches Hockeyspiel und ja, ich würde mich durchaus als Fan vom EHC Biel bezeichnen – heute geht das auch ganz gut ohne entsprechende Fanutensilien und Trikot. Man kann ja auch so mit dem Herzen dabei sein.

Nicht verstehen kann ich, wenn aus einer begeisterten Fankultur ein Fanatismus wird – in Sport, Politik oder Religion.

Respekt vor dem Gegenüber – auch wenn es anders denkt als ich

Doch, verstehen kann ich es vielleicht sogar: Da gibt es etwas, das einem so wichtig ist, dass man es um jeden Preis und gegen alles andere verteidigen will. Und irgendwann kippt das FÜR-etwas-Einstehen in ein GEGEN-etwas-Ankämpfen.

Plötzlich wird aus meinem FÜR-den-EHCB-Fanen ein GEGEN-den-SCB-Stimmungmachen.

Plötzlich wird aus einem Freidenker ein Christenbekämpfer.

Plötzlich werden aus Lebensschützern fanatische Abtreibungsgegner.

Plötzlich werden aus Menschen mit traditionellem Familienbild Schwulenhasser.

Plötzlich werden aus Trump-Wählern Biden-Hasser.

Plötzlich herrscht Krieg im Kapitol.

Also so plötzlich kommt das alles ja nicht. Wer mit dem Feuer spielt, brennt sich irgendwann. Wer den Respekt vor anderen Meinungen verliert, steht nicht mehr bloss für seine Ansichten ein, sondern bekämpft Andersdenkende. Wer sich getrieben fühlt, sein Weltbild andern zu überstülpen, in dem steckt das Potenzial eines fanatischen Kämpfers.

Ich habe starke Überzeugungen – für die will ich auch öffentlich einstehen.

Mir sind mein Glaube und meine Jesus-Nachfolge sehr wichtig und ich will meine Spiritualität auch zeigen – nicht aufdringlich zur Schau stellen, aber eben auch nicht verstecken.

Was mir wichtig ist: Ich will als einer bekannt sein, der FÜR etwas ist – Glaube, Liebe, Hoffnung, Glück – und nicht als einer, der immer GEGEN etwas ist.

Und ich möchte meinen – ob kleinen oder grossen – Einfluss zum Guten nutzen: Menschen zur Liebe anstiften.

Dass man Menschen auch zu ganz anderem anstiften kann und dass aus fanatischem Gedankengut in Politik zusammen mit fundamentalistischer Religion ein gefährlicher Cocktail wird, haben wir letzte Woche eindrücklich in einem der traurigsten Kapitel der jüngeren US-Geschichte gesehen.

Glücksaufgabe

FÜR was lebst du? Wofür willst du einstehen, was ist dir wichtig? Und wie kannst du für eine Meinung einstehen ohne Andersdenkende anzufeinden?

Und: Ein volles Stadion kann ich leider derzeit auch nicht bieten, aber wenn du wissen willst, was mich beim Talken mit dem Hockey-Star Janis Jérôme Moser letzten Herbst beindruckt hat, kannst du dies hier nachlesen oder den Talk auch gleich nachhören.

Mit Grit durch den Advent

Wenns nach mir geht, könnten Kleiderläden geschlossen werden. Das ist jetzt aber keine Pandemie-Aussage, sondern hat mit meiner nicht vorhandenen Vorliebe des „Lädelens“ zu tun. Was soll ich im Kleidergeschäft, wenn ich einen Schrank voller Kleider habe.

Zugegeben: Auch bei mir haben Kleider ein Ablaufdatum, was weniger mit wechselnder Mode zu tun hat als mit der Tatsache, dass auch meine Lieblingsjeans irgendwann Löcher hat, die nicht mehr geflickt werden können …

Darum hab ich kürzlich einen neuen Rekord aufgestellt: Innert 12 Minuten hatte ich mich von Kopf bis Fuss neu eingekleidet. Ob Schuh, Hose oder T-Shirt – bei mir muss es Liebe auf den ersten Blick sein.

Das T-Shirt mit der Aufschrift „True Grit“ war so ein Fall. Und zwar genau wegen dieser Aufschrift. Weisst du, was es heisst?

Wenn nicht, dann verrate ich dir hier, was der Google Translator meint: „wahre Körnung“ (Achtung: Nicht „Krönung“, sondern „Körnung“!!).

Du würdest es ja nicht laut sagen, aber gell, jetzt denkst du gerade: „Was hat denn der Stef an der Waffel, sich ein T-Shirt zu kaufen, weil dort ‚wahre Körnung‘ drauf steht?!“?

Jetzt brauchen wir Durchhaltevermögen

Zum ersten Mal hörte ich den Begriff „Grit“ vor Jahren am GLS in Chicago. Tatsächlich konnte ich nichts damit anfangen, meine Sitznachbarn auch nicht und weder Google Translator noch die Übersetzung im Ohr konnten den Begriff in nachvollziehbaren Zusammenhang mit dem Referat bringen.

Mit der Zeit wurde klar: Was auch als Streugut übersetzt werden kann, meint im übertragenen Sinn Durchhaltevermögen. Der Wille und der Mut dran zu bleiben, mit Ausdauer durchzuhalten. Vielleicht könnten wir auch sagen: Mit Biss an einer Sache dranzubleiben.

Und genau das brauchen wir jetzt!

Die Corona-Massnahmen werden im In- und Ausland nochmals, teils drastisch, verschärft. Darauf hat – gerade in der Adventszeit – niemand Lust. Nein, wir möchten jetzt zusammen kommen, bei Glühwein oder Fondue Chinoise die besondere Zeit des Jahres feiern – und nicht darüber nachdenken, ob jetzt Besuch aus 2 oder 3 Haushalten doch irgendwie noch geht.

Wenn das Parlament fröhlich singt im Bundeshaus (siehe Blog von letzter Woche), dann darf ich doch auch die Regeln so biegen, dass sie zu meinen Plänen passen, oder nicht?

Während dem zu erwartenden „Freizeit-Lockdown“ feiern wir in unserer Familie neben dem Geburtstag von Jesus gleich noch drei weitere Geburtstage. Ich finde es eine grosse Herausforderung, hier richtig zu handeln.

Auf der einen Seite bringen unmenschliche Regeln wirklich nichts, weil sie uns zwar vielleicht vor dem Virus schützen, aber in unserer Seele Schaden anrichten.

Doch auf der anderen Seite, und das will ich hier besonders betonen, kommen wir nicht aus der aktuellen Situation, wenn jede und jeder für sich Ausnahmeregelungen in Anspruch nimmt!

Die einen wollen die Beizen wenigstens bis 21 Uhr offen halten und nicht schon um 19 Uhr schliessen. Andere fänden es toll, wenn wenigstens zwischen 18 und 20 Uhr Sporthallen für Freizeitsportler geöffnet wären.

Liebe Leute, meint ihr, das Virus ist zwischen 18 und 21 Uhr weniger übertragbar?

Wir brauchen Rituale, wir brauchen Gemeinschaft – völlig klar. Und ich selbst will Wege finden, wie das möglich ist, ohne die Grenzen des Erlaubten völlig auszureizen.

Aber wir brauchen jetzt einfach diesen „Grit“, der dafür sorgt, dass wir diesen Winter nicht allzu sehr ins Schleudern geraten (eben doch „Streugut“).

Ja, Weihnachtsfeiern per Zoom sind nicht dasselbe. Aber es geht! Es ist ja nicht das „neue Normal“, sondern eine technische Alternative, um in einer Jahrhundert-Krise doch nicht ganz auf Gemeinschaft verzichten zu müssen.

Vieles ist ungewohnt und auf den ersten Blick befremdend. Doch oft ist es eine Frage, ob man sich auf etwas Ungewohntes einlassen will. Persönlich hab ich so gerade diese Woche in einem Zoom-Gebetstreffen von Verantwortlichen aus Kirchen und christlichen Werken erstaunlich gute Erfahrungen gemacht. Und für nächste Woche habe ich eine Einladung zu einem Geschäfts-Weihnachtessen – jeder kocht selbst und man trifft sich dann am Bildschirm.

Seien wir vernünftig, helfen uns gegenseitig durchzuhalten und tragen Sorge zum Leben: Damit wir, wie es Angela Merkel sagte, auch nächstes Jahr noch gemeinsam Weihnachten feiern können.

Glücksaufgabe

Wie sehen deine Pläne für Weihnachten 2020 aus? Etwas worauf ich mich schon heute richtig freue, ist das Heiligabend-Erlebnis der Aktion 24x Weihnachten neu erleben.

Suche corona-konforme Wege, Weihnachten so zu feiern, dass du dich darauf freuen kannst!

So nicht!

Bis jetzt habe ich mich hier loyal gegenüber unserer Regierung und den Behörden gezeigt. Damit ist heute Schluss!

Was zu viel ist, ist zu viel! Was unser nationales Parlament anfangs dieser Woche geboten hat, ist einem Amt mit Vorbildfunktion schlicht unwürdig!

Das hat sogar in unserem kreativ & wunderBar-Angebot bei sonst eher zurückhaltenden Frauen für heftiges Kopfschütteln gesorgt. Meine Frau sagt, sie hätte einige der Teilnehmerinnen noch nie so vehement diskutieren gehört.

Jede Person die Einfluss hat – und das ist so ziemlich jede und jeder, vom Mami zum Projektleiter über die Lehrperson bis zum Bundesrat -, weiss doch, dass unsere Taten lauter sprechen als unsere Worte!

Und was macht unser höchstes Parlament: Sie feiern in bester Partylaune ihren neuen Präsidenten (Ständerat) und tags darauf setzt der Nationalrat mit einer Geburtstagsfeier für Ueli Maurer noch einen oben drauf.

In normalen Zeiten wäre es schön, zu sehen, wie unser Gesetzgeber nicht nur hart um Paragraphen streitet, sondern auch gesellig Gemeinschaft pflegt.

Aber: Es ist nicht die Zeit für Party!

nach Alain Berset, in anderem Zusammenhang und zu anderen Zeiten. Damals, als die Schweiz noch nicht die Negativ-Statistiken der Corona-Pandemie anführte – und dem Virus trotzdem konsequenter die Stirn bot.

Sorry, liebes Parlament, euer Verhalten ist einfach nur dumm!

Landauf, landab beschäftigt sich das Volk mit der quälenden Frage, wie unter den gegenwärtigen Umständen dieses Jahr einigermassen verantwortungsvoll Weihnachten gefeiert werden kann – und ihr wisst nichts besseres, als einerseits ein Bussengesetz für Corona-Sünder zu erlassen und anderseits gleich selbst dafür zu sorgen, dass niemand mehr die Schutzmassnahmen ernst nehmen kann. Geht gar nicht!

So sehr ich jeden – mag er politisch noch so anders ticken als ich – respektiere, der die verantwortungsvolle Parlaments- oder Regierungsaufgabe wahrnimmt, hier habt ihr euch tatsächlich zur Lachnummer der Nation gemacht.

Da kann man sich nur wünschen, dass das „Chambre de Réflexion“ gehörig über das eigene Verhalten reflektiert und gleich noch die grosse Kammer miteinbezieht.

Doch auch das scheint bisher Fehlanzeige zu sein: Nach dem ersten, riesigen Fauxpas folgt gleich der nächste. Während Führungspersonen eigentlich schon mal gehört haben sollten, dass Krisenkommunikation offen, schnell und transparent sein sollte, scheint man hier genau die Strategie zu verfolgen, die oft benutzt wird, aber noch nie genützt hat:

Generell fährt man seitens der Landesregierung bisher offensichtlich die Strategie, den Vorfall totzuschweigen.

Ständchen für Maurer sorgt für rote Köpfe, srf.ch

Genug gerügt! Was lernen wir daraus?

Mach es besser!

Als Exekutivpolitiker (Gemeinderat) weiss ich aus eigener Erfahrung, dass es einfacher ist, im Dorf die farbigen BAG-Plakate aufhängen zu lassen, als sich selbst an all diese Verhaltensregeln zu halten.

Darum will ich nicht einfach mit dem Finger auf die Leute im Bundeshaus zeigen, sondern lade uns alle ein: Prüfen wir unser eigenes Verhalten! Nehmen wir Verantwortung wahr – in der Pandemie und darüber hinaus.

Und vergessen wir nicht, als Person mit Einfluss (ob als Eltern, Führungsperson oder Freund) …

  • … sprechen unsere Taten immer lauter als unsere Worte!
  • … stehen wir besser früher als später zu unserem Fehlverhalten!
  • … sind wir immer unter Beobachtung!

Das alles sollte nicht neu sein für Bundeshaus-Politiker. Wie sehr es aber auch für Erziehende gilt, hab ich grad neulich in einem Gespräch erlebt: Das Kind meines Gesprächspartners konnte nicht verstehen, warum die (Not-)Lüge des Papas nicht dasselbe ist, wie wenn es Lügengeschichten auftischt.

Kinder haben da wahrscheinlich wirklich noch das feinere Gespür: Was du von mir erwartest, musst du zuerst einmal selber halten!

Liebes Parlament, wir verzichten alle gerade auf ganz vieles.
Bitte mach doch auch mit und sei uns ein Vorbild!

Glücksaufgabe

Wo haben dich Vorbilder enttäuscht? Wie gehst du mit dieser Enttäuschung um?

Und: Wo bist du deiner Vorbildrolle nicht gerecht geworden? Was könnte dir helfen, (noch) stärker zu einer glaubwürdigen Person mit Einfluss zu werden?

Gemeinsam packen wir’s!

So vieles ist anders als während der ersten Welle. Damals, anfangs Frühling, hatten viele Leute mehr Zeit (abgesagte Termine, Kurzarbeit), man war mit der Situation überfordert, weil sie uns fremd war, man versammelte sich wie früher zu „Wetten, dass …?“ vor den Bildschirmen – und wartete gebannt auf die nächste Medienkonferenz vom Bundesrat. Das Vertrauen in Regierung und Behörden war intakt, einige riefen das Duo Berset/Koch schon zu den Schweizern des Jahres aus. Viele entdeckten in dieser Zeit die Vorzüge von Home Office für sich.

Und es war Frühling: Als die Natur zu spriessen begann, mischte sich in die allgemeine Ohnmacht eine unheimliche Schaffenskraft und viele spriessten nur so vor Kreativität. Was in diesem ersten Lockdown alles entstanden ist, bräuchte auf dem „ordentlichen Weg“ Monate, wenn nicht gar Jahre. Auch wenn man sich nicht sehen konnte, waren wir gemeinsam kreativ.

Das war auch bei uns im gms – z’friede läbe nicht anders. Gerne denke ich an all die „Mini-Chäs“-Talks zurück, an die gemeinsam-getrennte Osterfeier oder an den vorläufigen Abschluss von #stayhappy.

Und jetzt? Wie kommen wir in der zweiten Welle voran?

Die Behörden sind unter Dauerbeschuss: So wird Berset wahlweise als Totengräber („Sie tragen Schuld an den viel zu vielen Corona-Toten!“) oder Spassbremse („Sie zerstören den gesamten Event- & Freizeitbereich!“) bezeichnet.

Im Gegensatz zum Frühling, wo der vermeintlich rettende Sommer in Griffnähe war, stellt sich in der nass-grauen Jahreszeit die Frage: Wie kommen wir durch den Winter?

Zudem erlebe ich, dass in meinem Umfeld viele beruflich stärker eingespannt sind als noch während der ersten Welle.

Ganz allgemein ist man müde; vom kreativen Tatendrang ist nicht mehr viel übrig geblieben. Wie auch? Wenn du nicht weisst, welche Massnahmen in zwei Wochen zählen, was willst du da eine vernünftige Jahresplanung 2021 machen?

Natürlich, es gibt sie auch jetzt noch, die coolen Aktionen, die nur „dank“ Corona in Windeseile entstanden sind und Grenzen verschwinden lassen! Eine davon ist 24x Weihnachten neu erleben – eine Aktion, die völlig anders angedacht war (lokal) – dann kam Corona und jetzt feiern wir im gesamten deutschsprachigen Raum zusammen Advent!

Ich brauch dich jetzt!

Doch ich bleibe dabei: Die Situation ist aktuell um einiges angespannter als im Frühling und ich sehe „in der weiten Welt“ viel Destruktives, das mich enorm frustriert. Dazu haben viele genug vom Home Office.

Hier bei uns ist auch anders als noch im Frühling, dass jetzt jeder jemand kennt, der mit Corona infiziert war – wenn er das Virus nicht sogar selber in sich hatte. Die Bedrohung ist um einiges grösser und näher. Die Unberechenbarkeit ist enorm, jederzeit kann man unverhofft in Quarantäne landen … Oder jemand vom Team – und schon wartet eine zusätzliche Arbeitsschicht im Spital oder Heim auf einen.

Langer Schreibe, kurzer Sinn: Wir brauchen uns jetzt gerade gegenseitig noch viel stärker als im Frühling!

Wenn du genug vom Home Office hast: Komm doch einmal einen Tag zu uns ins H2 und wir machen gemeinsam „Home Office“ – inkl. Corona tauglicher gemeinsamer Kaffeepause!

Oder: Wenn es dir wie mir geht und dir das Aufrappeln für etwas Sport gerade nicht so leicht fällt, dann such dir einen Partner.

Ich hab diese Woche gerade beides erleben dürfen. Erst meldete sich jemand zum „Home Office im H2“ an und dann beschlossen wir kurzerhand, die letzten Sonnenstrahlen auszunutzen, klappten unsere Laptops zu und genossen eine Bikerunde.

Glücksaufgabe

Was würde dir jetzt helfen? Wie kannst du dafür sorgen, dass du nicht einsam sondern gemeinsam mit anderen durch die Krise gehst?

Nach Möglichkeiten unterstützen wir dich dabei! Wir haben einige Corona-Angebote wie kreativ & wunderBar, Raum der Stille oder wie gesagt, Home Office im H2 (Voranmeldung). Und auf dem stayhappy.blog findest du eine tägliche Ermutigung.

Meide die Extreme!

Leider bietet unsere Welt gerade ganz viel Stoff für die härtesten, wenn auch oft „nur“ verbalen Grabenkämpfe: Ob Corona oder Trumpismus – die Meinungen sind üben und drüben gemacht, der Ton ist oft gehässig und die unterschiedlichen Positionen lassen Freundschaften zerbrechen und stellen die Familienbande unter grösste Belastungen.

Ein kühler Kopf wünscht man sich da, der reflektieren, unterscheiden und auch mal Meinungen stehen lassen kann.

Allergisch bin ich auf die schwarz-weiss Brille, auf Verantwortungsträger, die Öl ins Feuer schütten, und auf Menschen, die unreflektiert nachplappern, was ihre Idole von sich geben – mögen es noch so abstruse Verschwörungstheorien sein.

„C’est le ton qui fait la musique“ habe ich einmal als Kind gelernt. Oder: „Wie du in den Wald rufst, so schallt es heraus“. Nun, man kann politisch oder auch in Bezug auf Corona unterschiedliche Positionen einnehmen, aber heiligt der Zweck wirklich die Mittel? Darf man Mitmenschen wirklich aufs Gröbste beleidigen, Lügen verbreiten und gegen alle Regeln des Anstandes verstossen, um für seine Position zu werben?

Offen gesagt: Ich bin erstaunt – und von Herzen dankbar!! – dass, soweit ich es überblicken kann, die Städte in den USA (noch) nicht brennen. Das lässt mich hoffen, dass die Demokratie gewinnt und nicht die „Kriegserklärung“ der Trump-Familie.

Ein kühler Kopf bewahren

Es gibt Themen und vor allem Verhaltensweisen, die bringen mich emotional zum Rasen. Und für starke Überzeugungen ist man schnell bereit zu kämpfen. Doch sobald die Angriffslust einmal geweckt ist, befinden wir uns im Kampf, verteidigen unsere Position und versuchen mit Schlägen (Schlacht der Argumente) unseren Gegner zu schwächen.

Unterschiedliche Meinungen müssen unbedingt Platz haben, ein Ringen nach dem besten Weg, sogar ein hartes Debattieren – das gehört zur freien Gesellschaft.

Aber bitte bewahren wir Haltung dabei!

Mir hilft dabei immer mal wieder diese biblische Weisheit:

Vermeide die Extreme!
(Buch Prediger)

In diesem spannenden Abschnitt wird uns sogar geraten, das mit der Frömmigkeit nicht zu übertreiben. Auf der anderen Seite sollen wir jedoch auch nicht gewissenlos und unvernünftig sein.

„Vermeide die Extreme!“ – ein wahres Wort für eine Zeit, in der sich Menschen zur einen oder anderen Extremposition hingezogen fühlen.

Ich wünsche mir Menschen, die nachdenken, prüfen, verantwortungsvoll handeln und mit Gottvertrauen und dem Mitmenschen gegenüber respektvoll vorwärts gehen.

Dabei kann uns Martin Luthers Umgang mit der Pest ein Vorbild sein:

So will ich zu Gott bitten, daß er uns gnädig sei und es abwehre. Danach will ich auch räuchern, die Luftreinigen helfen, Arznei geben und nehmen, Orte und Personen meiden, wenn man mich nicht braucht, damit ich mich selbst nicht vernachlässige und dazu durch mich vielleicht viele andere vergiftet und angesteckt werden und ihnen so durch meine Nachlässigkeit eine Ursache des Todes entsteht. Will mich allerdings mein Gott haben, so wird er mich wohl finden; so habe ich doch getan, was er mir zu tun gegeben hat, und bin weder an meinem eigenen noch an anderer Leute Tod schuldig. Wenn aber mein Nächster mich braucht, will ich weder Orte noch Personen meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen, wie oben gesagt ist. Sieh, das ist ein rechter, gottfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn oder frech ist und auch Gott nicht versucht.
Martin Luther angesichts der Pest in Wittenberg (1527)

Glücksaufgabe

Welche Themen bringen dich aktuell in Rage? Und wo bist du allenfalls in Gefahr, „extrem“ zu werden?

Versuche dich in den nächsten Tagen in eine Person zu versetzen, die eine ganz andere Position vertritt. Wie könnte es dir gelingen, ihre Position nachzuvollziehen?

On the Trail (Gastbeitrag von Sam Stauffer)

Der heutige Beitrag in Stef’s GlücksBlog stammt aus der Feder des Künstlers Sam Stauffer:

„Krisen sind Angebote des Lebens, sich zu wandeln. Man braucht noch gar nicht zu wissen, was neu werden soll. Man muss nur bereit und zuversichtlich sein.“ 
Luise Rinser

Solche Zitate sollen Mut machen und sie enthalten viel Wahres. Manchmal erscheinen sie aber auch als oberflächlich und nichtssagend – wenn die innere Bereitschaft oder Fähigkeit fehlt, sich wirklich darauf einzulassen. Wie geht es dir diesbezüglich?

CORONA ist noch lange nicht überwunden und wir alle haben mehr oder weniger damit zu kämpfen. Hinter mir liegt eine sehr ambivalente Zeit. Viele Pläne und Events, Auftritte und Feste mussten fallen gelassen werden, was mich schmerzt – nicht nur im Portemonnaie. Auch der Ärger über die 1000Meinungen und Theorien zu dieser Pandemie macht Mühe, wirkt trennend und macht müde.

Doch die Chance, von welcher oben die Rede ist, habe ich auch erlebt. Eine im Lockdown von mir gebaute Feuerstelle mitten im Wald wurde mir und meinen Freunden zum Treffpunkt und zur Insel, wo wir seither viele lustige, tiefgründige und herzhafte Stunden verbringen durften. Das Treffen am Feuer mit guten Whiskies, Fleisch und Raclette wurde zum Ritual, auf das ich mich jede Woche freue!

Die Reduktion auf das einfache Sein in der Natur, am Feuer, beim Holzen, Wandern, Nachdenken, Beten und Schreiben verlieh diesem Jahr eine spezielle, wertvolle Tiefe – auch eine Folge von Corona!

Der Höhepunkt war mein Trekking vom Niederhorn auf den Pilatus: 5 Tage allein, zu Fuss, ohne Zelt und Gaskocher, nur mit einem Feldbett, einer Tarp-Plane und was man sonst noch so zum Überleben braucht, ausgerüstet.

On-The-Trail-Sein in der Stille und Schönheit der Voralpen war mir ein Geschenk, welches mit keinem Luxus wettzumachen war.

Ist das nicht auch ein Bild für das Leben an sich? Was zählt wirklich? Worauf konzentriere ich meine Energie, meine Kraft, meinen Willen? Solche Fragen kommen nicht im Alltagslärm an die Oberfläche, sondern an den Grenzen der Komfortzone. Und ich möchte künftig solche Wanderzeiten in meine noch verbleibenden Jahre einbauen.

Kunst und Musik leiden ganz besonders in dieser Zeit und ich versuche nun, diesbezüglich gute Entscheidungen zu fällen. Bin gespannt, was der weitere Weg mit sich bringt und mit uns macht. Wir sind „on the trail“ und ich wünsche uns allen die Weisheit, diese Zeit auch bewusst zu nutzen, um wach zu werden für Wesentliches – es braucht Glaube, Liebe und Hoffnung – wiedermal diese drei, um nicht in der trüben Corona-Suppe einzusinken – und hüten wir uns vor social distancing!

Text und Bild: Sam Stauffer, Coaching-Kunde von Gerber Motivation & Training.

Glücksaufgabe

Wie sorgst du dafür, dass du auch gerade in der Corona-Zeit dieses „On-The-Trail-Sein“, wie es Sam nennt, nicht verlierst? Oder wieder neu findest?

Während sich die Agenda wieder leert, gönn dir doch dafür mehr Momente der Stille mit der mutigen Frage: Was zählt wirklich?

Täglich ermutigende Gedanken während des Corona-Slowdowns: stayhappy.blog

Strafe Gottes?

Was für ein Kontrast: Zuletzt schaute ich spätabends regelmässig bei CNN rein, um die dramatische Corona-Entwicklung in den USA und das ungeschickte Handeln des mächtigsten Mannes zu verfolgen. Gestern Abend jedoch liess ich mich spätabends nicht von drastisch steigenden Zahlen berieseln, sondern genoss unser traditionelles Sommerfestli in unserem Garten.

Liebend gerne würde ich nun über die Qualität dieser unbekümmerten Stunden zusammen mit anderen Menschen schreiben – doch dies tat ich schon letztes Jahr.

Und so kommen wir halt wieder zurück zu dieser Corona-Krise: Neulich, im Anschluss an einen Gemeindepräsidenten-Anlass, standen wir, soweit möglich mit der nötigen Distanz,  zusammen beim Apéro. Natürlich war das Thema gesetzt – einmal mehr ging es um Corona und wie wir damit umgehen würden.

Irgendwann kamen dabei auch die geschmacklosen Plakate, die suggerieren, Corona wäre die Strafe Gottes für unser Handeln, zur Sprache. Was ich als Pfarrer denn dazu sagen würde? „Ist Corona jetzt eine Strafe Gottes oder nicht; was sagst du dazu, Stef?“

Meine spontane Antwort ging in diese Richtung: „Nein, ich glaube nicht, dass Corona eine Strafe Gottes ist. Vielmehr ist es eine Gelegenheit, unser Leben zu reflektieren.“

Es ist einfach nicht fair, Gott Dinge in die Schuhe zu schieben, die wir im Grunde selber zu verantworten haben. So viele Krisen und Katastrophen auf dieser Welt sind ja tatsächlich hausgemacht oder eben „menschgemacht“.

Dann ist Corona als doch eine Quittung für unser Handeln? Ja, so formuliert stimmt der Satz wohl schon. Aber die Konsequenzen unseres Handelns mit einer Strafe Gottes gleichzusetzen, liegt mir fern.

Von Welt-, Menschen- und Gottesbildern

Ein Lieblingswitz von meiner Frau und mir geht so: „Als wir noch keine Kinder hatten, waren wir auch für eine konsequente Erziehung.“

In der Tat haben wir längst nicht all unsere edeln Vorsätze im hektischen Erziehungsalltag umsetzen können. Doch die Idee einer partnerschaftlichen Erziehung, die die Persönlichkeit des Kindes wahr- und ernstnimmt, dabei auch aushält, dass ein bestimmtes Verhalten auch bestimmte Konsequenzen mitbringt, gefällt uns nach wie vor.

Bin ich nun also ein strafender Vater, wenn ich mein Kind nicht vor den Konsequenzen seines Handelns bewahre?

Wo würde denn mein Kind landen, wenn ich es jedesmal vor den Folgen seines Handelns verschonen würde?

Und jetzt zurück zu Gott und Corona: Wo würde die Menschheit landen, wenn Gott uns vor jeder Katastrophe verschonen würde?

Krisen wie die gegenwärtige machen uns demütig, erinnern uns daran, dass wir nicht alles unter Kontrolle haben und lassen uns über den Wert jedes einzelnen Menschenleben nachdenken. Das ist die gute Seite der schrecklichen Corona-Tragödie.

Ich stelle eine böse Vermutung auf: Wenn wir unsere Kinder vor den Konsequenzen ihres Handelns verschonen, werden sie zu selbstverliebten Zeitgenossen, die tatsächlich meinen, alle anderen existieren nur dazu, sie glücklich zu machen.

Wenn „der liebe Gott“ tatsächlich nur „lieb“ im Sinn von uns vor jedem Leid und jeder Katastrophe zu verschonen wäre, würde auf dieser Welt bald einmal nur noch Narzissten leben, die tatsächlich davon ausgingen, die gesamte Welt dreh sich um sie selbst.

Es ist eine Frage des Menschen- und Gottesbildes. Ich glaube nicht an einen strafenden Gott, der bloss darauf wartet, wann er uns ein nächstes Virus als Strafe für unser Handeln vorbeischicken könnte.

Aber Gott ist auch nicht ein Spielball unserer Laune, der nur dafür da ist, uns ein möglichst bequemes Leben zu ermöglichen. Nein, unser Handeln hat tatsächlich Konsequenzen – viele positive, aber oft auch schmerzhafte.

In einem schwarz-weiss Denken ist alles entweder Strafe oder Bestätigung. In meinem Weltbild gibt es jedoch mehr Farben als bloss schwarz und weiss.

Und: Ich bin gerne ein Kind meines Vaters im Himmel. Die göttliche Liebe ist das grossartige und vollkommene Geschenk des Lebens.

Glücksaufgabe

Wie denkst du über „Strafe Gottes“? Welche Menschen- und Gottesbilder prägen dich? Und was bedeutet es für dich, in Gott einen himmlischen Vater zu haben?

 

Jeder gegen jede?

Diese Woche beim Frisör (ja, schon zum zweiten Mal in Corona-Uniform) im Gespräch mit der Coiffeuse:

Mein Sohn kam neulich nach Hause, verschwand ohne Worte direkt im Zimmer. Ich so: „Hallo, Mittagessen?“ „Nein!“
Oje, nicht gut. Die liebevolle Mutter: „Was ist denn passiert?“
„Die haben gesagt, ich sei dick!!“
Hey, mein Sohn ist vielleicht vieles, aber sicher nicht dick!
Warum tun sich das Kinder an?

In diesen Tagen blicken wir alle auf Amerika und stellen mit einem gewissen Erstaunen und Schock fest: Die haben aber ein sehr grosses Problem mit Rassismus.

Was Schlagzeilen macht eignet sich natürlich auch für ein Gespräch beim Frisör. Ich mag da aber nicht in die allgemeine Tonlage einstimmen im Sinn von: Oh, schau mal, die im Trump-Land sind schon komische Leute.

Nein, Diskriminierung beginnt hier und jetzt. Und so sind wir dann eben über meine Erzählung aus dem Mini-Chäs mit Dave (siehe Blogartikel „Ich kann nicht atmen!“ von letzter Woche) bei der Erzählung aus der Familie meiner Coiffeuse gelandet.

Warum quälen sich Kinder gegenseitig? Warum hat zu leiden, wer nicht einer bestimmten Norm entspricht? Gerade bei Kindern zeigt sich, dass diese Norm keine allgemeine ist, sondern von Situation zu Situation sehr anpassungsfähig ist. Was zur Frage führt: Wer bestimmt denn eigentlich, was gerade die Norm ist? Sprich: Wer sagt, wer in und wer out ist? Wer geliebt und wer gehasst wird?

Bestimmt gäbe es zahlreiche Studien zu solchen Fragen und es ist hilfreich, wenn man sich wissenschaftlich mit solchen Vorgängen von Mobbing auf dem Pausenhof bis zu Rassenkämpfen auf den Strassen der US-Grossstädte auseinandersetzt.

Hier also mein Beitrag und meine Gedanken ohne Studien konsultiert zu haben:

Jeder ist ein Egoist

Wenn bereits Kleinkinder sich zu kleinen Egoisten entwickeln, hat das Elternhaus bereits versagt oder liegt die besondere Fürsorge für sich selbst in unseren Genen?

Ich würde behaupten: Eine völlige Selbstlosigkeit wäre tödlich.

Das Kleinkind schreit, weil es Hunger hat. Ist das jetzt frecher Egoismus oder gesunder Überlebensdrang?

Die Selbstsorge ist wichtig für eine gesunde Entwicklung – nicht nur als Kleinkind oder Schulkind. Auch wir Erwachsenen sollten gut zu uns selbst sein.

Wenn diese gesunde Pflege des Selbst in puren Egoismus kippt, existieren meine Mitmenschen nur noch, um meine Bedürfnisse zu befriedigen. Während uns das Kleinkind mit einem Lächeln beschenkt, wenn es Nahrung erhalten hat, gibt es beim puren Egoisten kein Wechselspiel mehr zwischen Geben und Nehmen.

Er/sie ist so selbstverliebt, dass er/sie das Leben nur noch als Selbstbedienungsladen betrachtet.

Du klein, ich gross

Das führt mich zu einem aus meiner Sicht wesentlichen Punkt wenn es um Diskriminierung geht: Es geht um reine Machtdemonstration.

Ich bin wichtiger als du!
Du bist kleiner als ich!
Du hast weniger Anerkennung verdient!
Ich bin wertvoller als du!

Diese Dynamik nimmt manchmal sehr skurrile Züge an: So war das Kind, das den Sohn meiner Coiffeuse mit dem Ausspruch „Du bist dick!“ gehänselt hat, tatsächlich selber dick und bringt um einiges mehr Kilos auf die Wage als der, den er damit aufzog.

Das zeigt: Rational ist Diskriminierung nicht. Es geht nur darum mir selber mehr Wert zu geben. Indem ich den anderen klein mache, versuche ich mich selbst gross und wichtig zu machen.

Das bringt das eigentlich Bedürfnis hinter all unserem Streben zum Vorschein: Wir möchten geliebt, gesehen und geschätzt werden!

Und das ist gut so!

Nur unser Weg dahin sollten wir schleunigst hinterfragen: Wir werden nicht gross und wichtig indem wir andere klein machen. Nein, wahre Bedeutung erhalten wir, wenn wir einander gegenseitig gross machen.

Einander mit Liebe und Wertschätzung zu beschenken, das ist ein Weg aus so mancher Sackgasse.

Glücksaufgabe

Wer mein Buch Glück finden – hier und jetzt gelesen hat oder regelmässig beim GlücksBlog dabei ist, weiss, dass nicht Egoismus nachhaltig glücklich macht sondern Grosszügigkeit und Mitmenschlichkeit.

Schön auf den Punkt bringt es jetzt auch Tom Gisler. Schau den Clip und frag dich, was das für deinen Umgang mit deinen Mitmenschen bedeuten könnte:

„Ich kann nicht atmen“

Die Sonne kitzelt mich im Gesicht während ich diesen Artikel auf einer Hotelterrasse in Solothurn schreibe. Freier Blick auf die Aare mit der imposanten St. Ursen-Kathedrale im Hintergrund. Im Park nebenan vergnügen sich Kinder und spielen Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen Pétanque.

Paare flanieren am Aareufer, Senioren geniessen den Einkauf auf dem Wochenmarkt. Später gehe ich mit einem Freund zum Abendessen in ein gemütliches Restaurant in dieser schönen Stadt.

Das Leben ist zurück!
Wir sind wieder frei!
Ein schönes Lebensgefühl!

Ich wünsche mir, dass wir die neu gewonnene Freiheit bewusst geniessen und gestalten. Auch wenn es sich fast schwieriger anfühlt, mit der neuen Normalität zu recht zu kommen, als damals, als der Bundesrat uns von 100 auf 0 ins eigene Heim beordert hatte.

Damals war klar: „Bleiben Sie zu Hause!“
Kein Kontakt, keine Familienfeste, nichts.

Und jetzt? Darf ich euch alle wieder zu mir in den Garten einladen, ein Buffet aufstellen und das Leben feiern? Ja, es scheint wieder möglich zu sein – und trotzdem muss noch etwas Abstand gehalten werden.

Aber wir haben in den vergangenen Wochen ganz andere Probleme gemeinsam alleine gemeistert.

#staytogether

Vielleicht hilft uns der vergangene Lockdown etwas mehr zu schätzen, was uns in unserem Land geschenkt ist – mindestens wenn wir die richtige Hautfarbe und die richtige sexuelle Orientierung, das richtige Geschlecht und ganz grundsätzlich die „richtige Gesinnung“ haben.

Freunde, ich schäme mich dafür, dass Menschen so grausam mit Menschen umgehen können!

Mein Gast im Mini-Chäs (Kurztalk) diese Woche hat es in etwa so gesagt: „Es ist normal, dass wenn du auf irgendeine Art anders bist, du gehänselt wirst.“

Diskriminierung = normal???
Wollen wir das wirklich?
In unserem Land?
„Freie Menschen“, die „andere“ einfach quälen?
Realy?

Schaut selbst, was man in unserem Land erlebt, wenn man nicht die „richtige“ Hautfarbe hat:
(Der ganze Talk könnt ihr hier anschauen.)

Leider ist Dave mit dem, was er erlebt, keine Ausnahme. Gründe, warum jemand ausgegrenzt oder gequält wird, gibt es viele. Eindrücklich haben drei Mitglieder der Bieler Stadtregierung kürzlich im Kontext vom Bieler Tagblatt geschildert, was sie als homosexuell empfindende Menschen erleben.

Wegen Corona werden derzeit Menschen aus dem asiatischen Raum diskriminiert und in Amerika macht gerade wieder ein Fall von brutaler Polizeigewalt gegen einen Schwarzen Schlagzeile.

„Ich kann nicht atmen“, habe George Floyd mehrmals gesagt, als ein weisser Polizist minutenlang sein Knie in den Hals des Afroamerikaners drückte.

Vier Polizisten waren an diesem Einsatz beteiligt!
Der Schwarze stirbt im Spital.
Scheinbar war er ein Sicherheitsbeamter in einem Heilsarmee Obdachlosenheim.
Tod wegen falscher Hautfarbe?
Wirklich?

Ich möchte nicht in einer solchen Welt leben!
„Ich kann nicht atmen!“
Tatsächlich rauben mir solche Geschichten den Atem.

Diese elende Arroganz von Menschen, die meinen, sie sein etwas Besseres nur weil sie – weiss, hetero, einigermassen „gebildet“ und vielleicht sogar männlich sind.
Vor allem aber „ein-gebildet“.

Liebe Freunde, wir sind doch nichts Besseres, nur weil wir so unverschämt viel Glück hatten und am „richtigen“ Ort, mit dem „richtigen“ Geschlecht, der „richtigen“ Hautfarbe, der „richtigen“ sexuellen Orientierung geboren wurden!!

#stayhome war gestern.
Könnten wir uns nun vielleicht für #staytogether engagieren?

Diese schmerzhafte Diskriminierung muss ein Ende haben!
Der Mensch ist wertvoll, weil er Mensch ist!
Der Mensch hat seine Würde, weil die göttliche Liebe jeder und jedem gilt!

Weisst du was? Du bist wunderbar, wertvoll, geliebt!
Aber bitte hör auf, in irgendeinem Winkel deines Herzens zu meinen, du seist etwas Besseres!

Glücksaufgabe

Menschen möchten gesehen, geliebt und geschätzt werden – das macht nachhaltig glücklich. Wie kannst du dazu beitragen, dass genau dies in unserer Welt öfter geschieht?